Christian Menath
Ressortleiter Formel 1
Schnüffelt gerne am Print-Magazin, gibt mit seiner bestandenen Steward-Prüfung an, hält lange Monologe, war einst gut im Mario Kart – und liebt die F1 bedingungslos.MEHR
Wer in einem Formel-1-Qualifying viereinhalb Zehntelsekunden von seinem Teamkollegen aufgebrummt bekommt, ist in der Regel nicht besonders glücklich. Anders bei Carlos Sainz. Der Ferrari-Pilot qualifizierte sich für den Aserbaidschan GP 2024 mit 0,440 Sekunden Rückstand auf Teamkollege Charles Leclerc auf Rang drei – und trotzdem konnte der Spanier mit der Qualifying-Schlappe ganz gut leben.
“Ich hatte auf dieser Strecke schon immer Probleme, gleichzeitig ist Charles der Master von Baku. Diese Kombination macht den Unterschied so groß. Da bin ich mit Platz drei glücklich”, erklärte Sainz seine gute Laune. Tatsächlich konnte der Spanier in seiner Formel-1-Karriere erst ein Qualifying-Duell in Baku gewinnen, nämlich 2018 gegen seinen damaligen Renault-Teamkollegen Nico Hülkenberg.
Sainz und Leclerc unwissend: Warum so gut, warum so schlecht?
Gegen alle anderen Teamkollegen zog Sainz stets den Kürzeren: Erst gegen Daniil Kvyat, dann gegen Lando Norris und seit 2021 schließlich gegen Charles Leclerc. Eine Erklärung, warum ihm der Baku City Circuit nicht liegt, hat der Spanier nicht: “Normalerweise mag ich Straßenkurse sehr gerne. Vielleicht liegt es am niedrigen Abtriebs-Niveau im Vergleich zu Monaco oder Singapur, aber in Monza bin ich auch stark. Möglicherweise liegt es auch am Asphalt. Man hat hier wenig Grip und das Heck ist nervös, vielleicht kommt Charles damit gut zurecht.”
Dabei weiß Leclerc selbst nicht, warum es für ihn in Baku so gut läuft. 2024 holte er seine vierte Pole Position in Folge am Kaspischen Meer. “Ich habe keine richtige Antwort darauf. Es passt zu meinem natürlichen Fahrstil und ich mag den Rhythmus”, so der Monegasse.
Im vergangenen Jahr hatte Sainz noch acht Zehntelsekunden Rückstand auf seinen Teamkollegen. Aber wo verliert er die ganze Zeit? “Auf der Bremse”, meint Sainz. “Hier dreht sich alles um die Bremszonen und das Vertrauen, das du brauchst, das Auto zu stoppen. Dort schlägt er hier jeden.”
Tatsächlich macht Leclerc in den Kurven eins und zwei Zeit auf Sainz gut. In Kurve eins bremsen die Piloten von Topspeed auf eine enge 90-Grad-Kehre herunter. Am meisten Zeit macht Leclerc im Mittelsektor gut. Auffällig: Vor allem in Kurve 15, wo er am Freitag abflog, baut er die Geschwindigkeit erst später ab.
Dass Sainz mit Platz drei zufrieden war, liegt auch an seinem bisherigen Wochenende. In keiner Session konnte er die Pace des Teamkollegen mitgehen, unzählige Male fand sich der Spanier auch in den Auslaufzonen der Strecke wieder. “Ich habe aber im Qualifying etwas gefunden. Das war ermutigend, es kam aber zu spät”, ärgert er sich. Mit seinem ersten Versuch in Q3 kam er sogar bis auf zwei Zehntel an Leclerc heran, im zweiten Versuch konnte er sich aber nur noch um eine Hundertstel steigern. “Mein zweiter Versuch war nichts Besonderes, Charles hat dann wieder eine seiner Baku-Runde gefahren”, resümiert der Spanier.
Gut gelaunt startet Sainz auch aufgrund der Ausgangslage ins Rennen. Zwischen ihm und Leclerc liegt lediglich Oscar Piastri im McLaren. “Ich starte von Platz drei, ich bin im Spiel. Ich muss versuchen, Piastri irgendwie zu bekommen, sicherstellen, dass wir auf der Strecke bleiben und dann ist das eine gute Gelegenheit für die Konstrukteurs-WM”, so Sainz. Ferrari liegt in der WM nur 39 Punkte hinter Spitzenreiter Red Bull und lediglich 31 Punkte hinter McLaren. Lando Norris im zweiten McLaren startet nur von Platz 17, die Red-Bull-Fahrer Sergio Perez und Max Verstappen von den Plätzen vier und sechs.
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