Florian Niedermair
Formel 1 & Motorsport Ressort
Italiener auf dem Papier, Österreicher im Herzen. Die meiste Zeit mit der Formel 1 beschäftigt, aber gerne auch mal bei anderen Rennserien in Aktion.MEHR

Für Oliver Bearman begann seine Karriere als Formel-1-Stammfahrer mit dem Worst-Case-Szenario. Nach einem selbst verschuldeten Unfall im ersten Training beim Saisonauftakt in Australien verpasste der Brite den restlichen Trainingstag komplett und geht damit nicht nur mit einem klaren Kilometer-Rückstand in das restliche Wochenende, sondern auch in dem Wissen, dass er seinem Team einen Bärendienst erwiesen hat.
Bearman suchte nach dem Ende des Trainingstages in Melbourne gar keine Ausflüchte, sondern gestand sein Missgeschick schnell ein. “Ich denke, ich wollte einfach ein bisschen zu viel zu früh”, ärgerte er sich und entschuldigte sich umgehend bei seinen Mechanikern, die das Auto knapp nicht mehr für das Ende von FP2 flott bekamen.
Oliver Bearman übertreibt es beim Formel-1-Auftakt: Muss nicht am Limit sein
Was war passiert? Bearman war in Kurve 10 auf dem Albert Park Circuit ins Kiesbett geraten, verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und schlug schließlich in der Wand ein. Seine Erklärung des Unfallhergangs: “Ich hatte ein bisschen zu viel Lenkeinschlag über die Kompression in Kurve 10, wodurch ich von der Strecke abkam und dort draußen [im Kies] ist es sehr holprig. So verlor ich die Kontrolle.”
“Ein kleiner Fehler mit großen Konsequenzen”, schlussfolgerte er. Der ehemalige Ferrari-Junior, der im Vorjahr bei mehreren Ersatzeinsätzen für die Scuderia und später für Haas in den Genuss seiner ersten F1-Rennen gekommen war, machte seine Kopfeinstellung für den Fehler verantwortlich. “Meine Herangehensweise ist nicht der richtige für die Formel 1. In der Formel 2 geht es direkt vom ersten Training ins Qualifying und in der Formel 1 hat man zwei weitere [Trainings]. Da muss man nicht direkt am Limit sein”, verschaffte er dem Ärger über sich selbst Luft.
Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass auch ein Manko des Testprogramms indirekt für den Abflug beim Australien-GP verantwortlich gewesen sei. Denn bei den Wintertests in Bahrain verzichtete das US-Team bewusst auf Qualifying-Simulationen und konzentrierte sich stattdessen auf Longruns. Fehlten ihm diese Erfahrungswerte? Bearman will sich nicht auf diese Erklärung hinausreden: “Es geht voll auf meine Kappe.”
Positives lässt sich einem Unfall natürlich selten abgewinnen, vor allem nicht am ersten Tag der Formel-1-Saison. Aber der Abflug hätte dennoch an einem ungünstigeren Wochenende kommen können, meint Bearman. Denn für den Sonntag ist Regen vorhergesagt. Der Umstand, dass ihm nun beinahe die kompletten Erfahrungswerte des trockenen Freitags fehlen, wiegt angesichts dessen nicht ganz so schwer. “Da es am Sonntag regnen soll, bin ich ein bisschen weniger traurig und morgen habe ich noch ausreichend Zeit, um zurück in den Rhythmus zu kommen”, so der 19-Jährige. Immerhin: Vor seinem Unfall habe er sehr schnell viel Vertrauen in das Auto aufbauen können – zu viel, wie sich zeigte.
Mehr Kopfzerbrechen bereitet Bearman wohl die Pace seines Teams. Denn Haas landete am ersten Tag der Formel-1-Saison überraschend weit hinten. Teamkollege Esteban Ocon ärgerte sich: “Wir müssen noch mehr finden, um das Maximum aus dem Auto zu holen. Ich war mit der Balance nicht zufrieden und mit dem Gefühl.” Teamchef Ayao Komatsu pflichtete dem Franzosen bei: “Das war nicht die Performance, die wir uns erwartet hätten.” Unabhängig von dem Unfall steht also noch viel Arbeit vor der amerikanischen Mannschaft.
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