Ferrari sorgte beim Formel-1-Rennen in Las Vegas für viele Schlagzeilen. Im Fokus stand neben dem Strategiedrama und einer enttäuschenden Leistung der teaminterne Zweikampf zwischen Charles Leclerc und Carlos Sainz. Trotz einer (zu spät ausgesprochenen) Stallorder attackierte Sainz seinen Teamkollegen, Leclercs Frust uferte in einer Fluch-Tirade aus. Sein Vorwurf an sich selbst: Er sei zu nett im Kampf mit seinem Teamkollegen.

Las-Vegas-GP: Charakterbildende Maßnahme für Charles Leclerc

“Zu nett ist er nicht”, sagt unser Formel-1-Experte Christian Danner, wobei er einräumt: “Er ist natürlich – also vom Typ her – eher etwas zarter besaitet als Carlos Sainz.” Der ehemalige F1-Fahrer sieht für Leclerc nach dem Las-Vegas-GP aber eine große Chance: “Solche Rennen sind letztendlich dazu da, dass man an seinem eigenen Profil arbeitet.”

Seine Empfehlung in Richtung des Monegassen: “Leclerc sollte sich in den nächsten Tagen mal in Ruhe in Katar an den Strand setzen [und] mal nachdenken: ‚Was kann ich denn besser machen?'”, so Danner. “Denn jeder Rennfahrer, der ein Niveau erreicht hat wie das, was wir hier sehen, hat trotzdem noch ein paar Bereiche, wo er nachlegen kann.”

Das sei selbst bei F1-Legende Ayrton Senna so gewesen. “Der hat nie aufgehört nachzudenken, wo er noch besser werden könnte, obwohl er schon längst der Allerbeste war”, erinnert sich Danner. “Das ist eine normale Entwicklung, die ein Rennfahrer durchmachen muss.”

Enttäuschende Performance, Teamorder-Drama und Funk-Tirade. Bei so vielen Gesprächsthemen rund um Ferrari ist es leicht, den Überblick zu verlieren. Zum Glück findet ihr in dieser Analyse alles übersichtlich aufbereitet:

Für Leclerc und sein Team stellt Las Vegas eine wichtige Lektion dar, die gleich mehrere Ursachen hatte. “Das war kommunikativ von Ferrari nicht allerhöchstes Niveau, dem Sainz zu spät Bescheid zu geben”, erklärt Danner.

“Das Problem ist, dass der Ferrari bei diesen kalten Asphalttemperaturen ein ganz behutsames Anwärmen der Reifen gebraucht hat, das Leclerc seinen Reifen natürlich geben wollte”, führt Danner weiter aus. “Das ging aber nicht, weil der andere von hinten kam und Feuer gemacht hat.”

Effektiv erhielt der Spanier die Anweisung, Leclerc nicht zu passieren, erst, als er schon drauf und dran war, zum Überholen anzusetzen. Aber: “Auf keinen Fall hätte ich den Überholversuch abgebrochen”, versetzt sich Danner in Sainz’ Lage.

Weiter gibt er zu bedenken: “Dem Sainz ist es eigentlich wurscht, was Ferrari da jetzt irgendwie für Vor- oder Nachteile hat. Der fährt für sich, der fährt für seine eigene Zukunft.” Für eine Zukunft, die nicht im Hause Ferrari sein wird.

Ferrari-Fahrerpaarung 2025 – noch mehr Zündstoff?

2025 trennen sich die Wege des 30-jährigen Spaniers und der Scuderia. An seiner Stelle wird F1-Co-Rekordweltmeister Lewis Hamilton neben Leclerc in Rot an den Start gehen. Neuer Teamkollege, gleiche Streitereien bei Ferrari?

“Wenn Fred Vasseur noch Haare hätte, die würden grau werden”, ist sich Danner angesichts des zukünftigen Fahreraufgebots der Scuderia sicher. “Leclerc wird seinen Platzhirschstatus nicht einfach von heute auf morgen an den Lewis abtreten wollen.”

Lewis Hamilton (Mercedes) und Charles Leclerc (Ferrari) bei der Fahrerparade beim Formel-1-GP in Bahrain 2024
Wer wird 2025 die Nummer eins bei Ferrari?, Foto: LAT Images

Die Rivalität mit Sainz, der seit 2021 Teamkollege von Leclerc war, könnte dabei noch Gold wert sein: “Im Grunde genommen ist das, was er jetzt mit Sainz erlebt, eine gute Vorbereitung auf den Gegenwind, den er bekommen wird, wenn Lewis im Team ist. Denn Lewis ist mit allen Wassern gewaschen.”

Bricht bei Ferrari wieder eine Ära des Strategie-Chaos an, wer ist der Favorit im Kampf um die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft und war die Leistung von Alpine in Las Vegas peinlich? Antworten von Christian Danner auf diese Fragen findet ihr in unserer neuesten Ausgabe des AvD Motorsport-Magazins. Gleich hier reinschauen:

Leclerc eskaliert wegen Sainz! Was wird das erst mit Hamilton? (31:12 Min.)