Henrik Liehmann
Der Lando Norris geklaute Extra-Punkt für die Formel-1-Weltmeisterschaft 2024 beim Singapur-GP erhitzt weiter die Gemüter. Daniel Ricciardo absolvierte am Ende des Rennens einen extra Boxenstopp, um auf frischen Reifen die schnellste Rennrunde zu fahren. Für den Australier selbst hatte dieser keinen Nutzen, es ging lediglich darum, Max Verstappens WM-Rivalen den Punkt zu entreißen.
“Er hat sich aktiv in den WM-Kampf eingemischt, das ist Tatsache”, ist sich unser F1-Experte Christian Danner sicher. “Christian Horner, [Max] Verstappen, alle reden [darüber], dass man das so wollte, um Lando [Norris] diesen Punkt wegzunehmen.” Ricciardo fährt (noch) für Red Bulls Schwesterteam, die Racing Bulls.
Im Kampf um die Fahrermeisterschaft zählt jeder Punkt. Nach dem Grand Prix in Singapur fehlen dem McLaren-Fahrer noch 52 Zähler, um mit Verstappen gleichzuziehen.
Aus Red Bull-Sicht ist diese Herangehensweise nachvollziehbar, wie Christian Danner im AvD-Motorsport-Magazin erklärt: “Man kann keinem einen Vorwurf machen. Ich hätte es als Teamchef genauso gemacht. [Christian Horner] wird dafür bezahlt, für sein Team das Beste zu machen, was nur irgendwie geht.”
Die Problematik: Mit Red Bull Racing und den Racing Bulls betreibt der Red-Bull-Konzern gleich zwei Formel-1-Teams. Muss die FIA nun einschreiten? “Das wird man ganz genau beobachten, weil das ja dann quasi eineinhalb Teams gegen eines ist. Das ist nicht im Sinne des Sports und auch der Regeln des Sports”, mahnt Danner.
Red Bull-Einflussnahme bei RB. Christian Horner regiert zwei F1-Teams!
Schon in der Vergangenheit hagelte es immer wieder Kritik und Bedenken darüber, dass Red Bull zwei Teams in der Königsklasse stellt. Mehr Synergien im Laufe der letzten Jahre ließen die Konkurrenz zunehmend hellhörig werden. Eine mögliche Ursache für die Zusammenarbeit auf der Strecke, könnte ein Wechsel in der Führungsebene sein, wie Danner meint: “Nach dem Wegfall von Franz Tost, der ja doch eine eigene Persönlichkeit war, haben wir jetzt Christian Horner, der beide Teams steuert.”
“Mit [Peter] Bayer und Laurent Mekies hat man zwei Leute, die das Team führen, aber durchregieren tut [es] Christian Horner”, glaubt Danner. “Das ist nicht in Ordnung! Der größere Rahmen muss überdacht werden.”
Große Diskussionen um WM-Hilfe
Auslöser für die Diskussionen war, dass Ricciardo und die Racing Bulls die Strategie nicht aus Eigennutzen wählten. Zum Zeitpunkt des letzten Boxenstopps war der 35-Jährige auf Platz 18 und hatte keine Chancen auf eine Punkteplatzierung. Drei Runden vor Rennende holte er sich einen Satz frischer Soft-Reifen ab, um mit leerem Tank die Schnellste Rennrunde zu fahren.
Für Ricciardo hatte die Schnellste Rennrunde aber nur statistischen Wert. Den Extra-Punkt für die Schnellste Runde gibt es nur für Piloten, die das Rennen in den Top-10 beenden. Norris, der den Singapur GP an der Spitze dominierte, hatte keine Chance, zu kontern, weil seine harten Reifen zu diesem Zeitpunkt schon eine halbe Renndistanz abgespult hatten.
Laurent Mekies, Teamchef der Truppe aus Faenza, spricht dem extra Boxenstopp eine sentimentale Bedeutung zu: “In Anbetracht dessen, dass das Daniels letztes Rennen gewesen sein könnte, wollten wir ihm die Chance geben, es zu genießen und mit der schnellsten Runde zu gehen.” Aller Voraussicht nach wird Daniel Ricciardo sein Cockpit noch vor dem nächsten Grand Prix in Austin für Liam Lawson räumen müssen.
Das komplette Interview mit Christian Danner, bei dem zusätzlich auch noch der Zwist zwischen Max Verstappen und der FIA behandelt wurde, findet ihr in diesem Video:
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