Lando Norris und Oscar Piastri kämpfen um ihren ersten Titel in der Formel 1 und vier Rennen vor Schluss trennt sie nur ein Punkt, während Max Verstappen weiterhin gefährlich im Hintergrund lauert. Verstappens Erfahrung steht mit vier Titeln außer Frage – aber nicht vergessen: Auch Norris und Piastri sind schon Champions. Wie sind sie in ihren Nachwuchs-Karrieren mit Titel-Situationen umgegangen?

Wie die meisten Piloten im Spitzenfeld der Formel 1 können Norris und Piastri schließlich ein beeindruckendes Resümee im Formelsport vorweisen. Beide verbrachten nach ihrem Aufstieg aus dem Kartsport fünf Jahre in Nachwuchsklassen. Piastri holte drei Titel, Norris fünf. Jetzt wollen beide auch auf diese Erfahrung zurückgreifen, um im WM-Fight 2025 die Oberhand zu behalten.

Die Formelsport-Titel von Lando Norris, Oscar Piastri & Max Verstappen

Lando Norris Oscar Piastri Max Verstappen
MSA Formula 2015 Formel Renault Eurocup 2019 Formel 1 2021
Toyota Racing Series 2016 Formel 3 2020 Formel 1 2022
Formel Renault 2.0 Eurocup 2016 Formel 2 2021 Formel 1 2023
Formel Renault 2.0 NEC 2016 Formel 1 2024
Formel 3 Europameisterschaft 2016

32 Punkte in 3 Rennen futsch: Piastris erschreckend ähnlicher erster Formel-Titel

Besonders Piastri erinnert im Laufe dieses Jahres immer wieder an die Vergangenheit. “Gewissermaßen ist es ähnlich zu meinem Formel-Renault-Titel – teilweise sogar erschreckend ähnlich”, suggerierte er am Rande des Mexiko-Wochenendes, bei dem er zum ersten Mal nach April die WM-Führung wieder an Norris verlor, nachdem er Ende August in Zandvoort noch 34 Punkte Vorsprung gehabt hatte.

Sein Renault-Eurocup-Titel 2019 ist diesbezüglich tatsächlich nicht unähnlich. In seinem zweiten Jahr in der Serie legte Piastri im Sommer einen Formaufschwung hin, mit fünf Siegen. Dann rutschte er erst einmal in einem Regensturm in Ungarn auf der Sichtungsrunde ins Kiesbett. Zwar gewann er das zweite Ungarn-Rennen, doch kurz darauf in Barcelona fiel er unter anderem nach einem Dreher am Start erneut zurück.

Innerhalb von drei Rennen verkürzte daraufhin Titelrivale Victor Martins die Lücke von 37,5 auf 5,5 Punkte. Wie viele Nerven zeigte Piastri jetzt? Nun, er gewann nach Ungarn nur mehr ein Rennen, das erste von zwei beim Finale in Abu Dhabi. Selbst bei dem nach einem schlechten Start, aufgewogen durch einen noch schlechteren von Martins. Auch im zweiten Rennen startete er schlecht, fing sich aber auf P4 und rettete 7,5 Punkte Vorsprung ins Ziel. Durchhänger und große Lücke verloren? Klingt vertraut:

Oscar Piastri bereits Gewinner in einem Titel-Dreikampf

Piastri holte im Anschluss 2020 auch den Titel in der Formel 3 – und diesmal sogar in einem ebenfalls 2025 nicht unähnlichen Szenario. In einer Coronavirus-bedingt nicht einfachen Saison gewann Piastri insgesamt nur zwei Rennen, aber mit Konstanz hielt er sich hinter dem Tabellenführenden (und Teamkollegen) Logan Sargeant über Wasser.

Dann folgte ein chaotisches Monza-Wochenende. Erst übernahm Piastri nach einem Sargeant-Ausfall im Hauptrennen die Führung. Aber am Sonntag im Sprintrennen wurde er umgedreht, in eine Kollision verwickelt, erhielt für das Abdrängen eines Konkurrenten eine Grid-Strafe für das Hauptrennen beim Saisonfinale. Dort qualifizierte er sich sowieso schon nur auf einem enttäuschenden elften Startplatz, und ging entsprechend im Hauptrennen leer aus.

So kam es am Sonntag im Sprintrennen zum großen Titel-Showdown: Piastri und Sargeant punktegleich, und das alles hatte Theo Pourchaire von einem 50 Punkte zurückliegenden Außenseiter zu einem Mitfavoriten mit nur 9 Punkten Rückstand gemacht. Und Piastris schlechtes Qualifying bedeutete, dass er auch am Sonntag nur von P11 losfuhr.

Schwache Piastri-Nerven in Titelkämpfen? 2025 bin ich besser

Sargeant eliminierte sich auf der ersten Runde per Kollision. Pourchaire rang Piastri aber auf der Strecke nieder und drängte nach vorn, während Piastri im hinteren Punktefeld haderte. Er erkämpfte sich gerade einmal P9, und bekam dann von seinem Teamkollegen Fred Vesti P8 noch geschenkt. Pourchaire blieb aber auf P3 stecken, das reichte nicht – um 3 Punkte wurde Piastri Meister.

Spricht das alles für Piastri? Oder zeigte er hier nicht in beiden Fällen am Ende sichtlich Nerven? “Ich denke, letztendlich fühle ich in dieser Meisterschaft stärker als in diesem Jahr, und ein paar Dinge sind etwas anders”, meint Piastri heute. “Aber es ist nett, darauf zurückzuschauen, wie ich Dinge gehandhabt habe, die Erfahrung, und wie ich das auf dieses Jahr anwenden kann.” Motorsport-Magazin.com-Redakteurin Kerstin Hasenbichler meint diesbezüglich, dass Piastri eben nicht der Iceman ist, den manche in ihm sehen wollen.

Lando Norris: Fehlt die Erfahrung mit engen Titel-Fights?

Norris fehlt die Erfahrung von Titelfights dieser Intensität. Seinen Renault-Eurocup-Titel von 2016 fuhr er mit 53 Punkten Vorsprung und 8 Podien in den letzten 9 Rennen ein, seine Verfolger scheiterten an seiner Konstanz. Im Renault Northern European Cup im gleichen Jahr war es mit sechs Siegen und drei zweiten Plätzen zwischen den Rennen vier und zwölf eine ähnliche Angelegenheit.

Lando Norris: Krise zum WM-Leader! Danner: Weltmeisterlich! (10:24 Min.)

Ähnlich auch sein Formel-3-Titel 2017. Hatte dieses Jahr zu Beginn noch wie ein Vierkampf ausgesehen, so lief Norris zur Saisonmitte zur Höchstform auf, holte sieben Siege in zwölf Rennen, hatte dann schon 73 Punkte Vorsprung auf Max Günther und 116 auf Joel Eriksson, und hielt mit diesem Puffer die beiden bis zum Jahresende auf Armeslänge, auch wenn Eriksson die Lücke auf 53 zurückkürzen konnte. Im Gegenzug fiel er in seiner einzigen F2-Saison nach gutem Start konstant hinter George Russell zurück. Die Titelhoffnungen endeten vier Rennen vor Schluss mit einer Doppel-Null an einem vermurksten Sotschi-Wochenende endgültig.

Spät in einem heißen Titelfight zu sein, dafür muss man bei Norris also schon 10 Jahre zurückgehen, bis zu seinem Formelsport-Debüt 2015 in der britischen Formel 4 (damals MSA Formula). Dort mühte sich ein sehr junger Norris mit Pace, aber Inkonstanz anfangs gegen den erfahreneren Ricky Collard ab, aber je länger die Saison, desto besser fand er zur Form. Kontinuierliche Erfolge brachen in der zweiten Hälfte Collards Widerstand. 13 Punkte lag Norris vor dem letzten (drei Rennen umfassenden) Wochenende vorn, mit einem Sieg und einem zweiten Platz garantierte er sich den Titel.