Es ist ein hartes Urteil für die Verfolger von Oscar Piastri, das im Fahrer-Ranking von Baku gefällt wird. Nur selten gibt es Ranking-Sieger bei Motorsport-Magazin mit einem so großen Vorsprung – 2024 ist es der größte. Piastris Notenschnitt beim Aserbaidschan-GP hätte lediglich um 0,006 besser sein müssen – dann hätte er seinem Teamkollegen Lando Norris den Allzeit-Rekord (1,07) im Ranking abgenommen.

Damals, 2023 in Silverstone, war Piastri Norris’ erster Verfolger gewesen, aber mit nur einem um 0,07 höheren Notenschnitt. 2024 in Baku kommt hinter Piastri (1,07) lange, lange nichts. Das Spitzenfeld wird insofern vollständig düpiert, als dass Piastris erster Verfolger keiner seiner direkten Konkurrenten ist.

Stattdessen taucht wie aus dem Nichts Fernando Alonso mit 1,64 auf. Sein starkes Rennen an der Spitze des Mittelfeldes wurde von den MSM-Redakteuren mit drei Sehr Gut honoriert. Er ist der einzige Pilot außer Piastri, der das in Baku geschafft hat.

Ersatz-Stars: Colapinto & Bearman lassen Hülk & Albon alt aussehen

Doch auch in der Leserwertung gibt es für Piastris Verfolger eine Abreibung. Nur ein einziger Fahrer kann sich noch rühmen, dass über 50 Prozent seiner Leserbewertungen Sehr Gut waren. Das ist Williams’ Notnagel-Sensation Franco Colapinto, die beim zweiten Grand Prix bereits viermal so viele Punkte holte wie sein Vorgänger Logan Sargeant.

Die Redaktion gestand Colapinto im zweiten GP aber keinen allzu großen Rookie-Bonus zu und beschränkte sich auf dreimal Gut. So retten sich Charles Leclerc und George Russell (1,66 und 1,76) knapp vor ihn auf die Plätze drei und vier. Colapinto verliert in der dritten Nachkommastelle gegen Russell (1,758 zu 1,760), schlägt aber erfolgreich Teamkollege Alex Albon (1,78). Oh ja, in der zweiten Klasse hinter Piastri ist es eng.

Nicht nur Colapinto schlug seinen erfahrenen Teamkollegen. Oliver Bearman folgt auf Ranking-Platz 7 mit 1,88. Nico Hülkenberg (3,38) lässt er deutlich hinter sich. Die Redaktion strafte den nicht nur für die interne Niederlage, sondern auch für turbulente letzte Runden ab. Doch selbst eine bessere Redaktions-Note hätte ihm nicht geholfen, viel zu weit war Bearman weg.

Norris schwach, Red Bull schwächer

Wie viel man Lando Norris an diesem Wochenende anlasten kann, bleibt eine Streitfrage. Letztendlich kommen sowohl Leser als auch Redakteure zu dem Schluss, dass es eher in Richtung Gut geht. mit 1,96 ist er der achte und letzte Fahrer unter einem Zweier-Schnitt.

Sergio Perez schlägt endlich einmal Max Verstappen. Die Redaktion spricht ihn überwiegend frei von Schuld und lastet Carlos Sainz (P17 – 3,92) den Crash an. Die Leser sind sich uneins, Perez’ Noten sind über das ganze Spektrum gleichmäßig verteilt. Fest steht, dass es locker reicht, um vor Max Verstappen zu bleiben. Mit P14 und einem Schnitt von 3,66 ist es ein bemerkenswert schlechtes Ergebnis für ein Verstappen-Rennen, in dem er einfach nur mitfuhr. Zwar ist seine Ungarn-Note 2024 bereits schlechter, aber dort gab es deutlich mehr Turbulenzen.

Piastris Defensiv-Schlacht in Baku überzeugt – aber bricht keine Rekorde

Wenig überraschend war das Rennen ein voller Erfolg. Aber nicht gut genug, um Silverstone vom ersten Saisonrang zu verdrängen. Mit 1,34 reiht sich Baku auf dem zweiten Platz ein.

• Lesernote Rennen: 1,67
• MSM-Note Rennen: 1
• Gesamtnote Rennen: 1,33

Fahrerranking Baku 2024: Die MSM-Noten

F1-Fahrerranking Baku 2024: Härtefälle der Redaktion

Christian Menath
Positiver Härtefall: Oscar Piastri
Negativer Härtefall: Nico Hülkenberg
Wow, was für ein Rennen! Mit Oscar Piastri hat der bessere Fahrer gewonnen, Charles Leclerc war der schnellere. Der Druck, dem Piastri standhielt, war gigantisch, sein Überholmanöver sensationell. Das war absolute Weltklasse! Leclerc bekommt von mir trotzdem die Bestnote. Sein einziger Fehler war es, nicht gegen Piastri zu verteidigen. Sein Speed am ganzen Wochenende war aber schlichtweg unantastbar. Bei Norris lässt sich vortrefflich über Pech oder Unvermögen im Qualifying diskutieren – jedenfalls hat es ihm sein Fehler nicht leichter gemacht.

Nico Hülkenberg ist kein Baku-Spezialist. Das konnte man vor allem in der Qualifikation sehen, als er von Rookie Oliver Bearman abgewatscht wurde, der die Strecke liebt. Ein gutes Rennen ruinierte Hülkenberg dann mit unnötigen Fehlern in den letzten Runden. Zum Unvermögen kam sicherlich noch etwas Pech dazu, aber trotzdem hätten das 4 Punkte für die WM sein müssen.

Florian Niedermair
Positiver Härtefall: Fernando Alonso
Negativer Härtefall: Max Verstappen
Mal Hand aufs Herz: Wer von euch hat – abgesehen vom Timing links im Bild – überhaupt mitbekommen, dass Fernando Alonso gestern mitgefahren ist? Geschweige denn, das Mittelfeld angeführt hat. Ohne viel Aufsehen zu erregen, schlich der Asturier klammheimlich bis auf die sechste Position. Der zweite Aston Martin mit Lance Stroll am Steuer bewarb sich stattdessen um den negativen Härtefall, indem er seine Nase in Dinge steckte, wo sie nicht hingehört. Namentlich den Seitenkasten von Yuki Tsunoda. Auch Carlos Sainz hätte sich mit Feindkontakt und einem mäßigen Wochenende einen Härtefall verdient. Aber meine Wahl fiel auf Max Verstappen, der ein für ihn vollkommen untypisches Wochenende eingelegt hat. Die Setup-Experimente nach FP3 waren sein Sargnagel, aber schon davor spielte der Weltmeister nur die zweite Geige hinter Sergio Perez. Auch die Besten können einmal danebenliegen.

Markus Steinrisser
Positiver Härtefall: Franco Colapinto
Negativer Härtefall: Esteban Ocon
Schwieriges Unterfangen. Nicht das Rennen an sich, das war eines der besten seit Jahren. Diese guten Abwehrschlachten gibt es wegen dieser dauerüberhitzenden Reifen inzwischen viel zu selten (man frage bloß nicht George Russell zu seiner Meinung). Franco Colapinto hatte in seinem zweiten Rennen den Reifendreh auch noch nicht raus, aber das sei ihm nachzusehen. Er ist ja wirklich kalt in diesen Job gestartet. Am zweiten Wochenende schon so abzuliefern? Respekt. Esteban Ocon wollte uns nach seinem Q1-Crash auch weismachen, dass es wegen Defekten quasi ein Kaltstart in die Zeitenjagd gewesen sei. Diese Ausrede verliert sehr stark an Wert, wenn man bloß 24 Stunden zurückgeht und feststellt, dass er 24 Runden inklusive einer Quali-Sim in FP2 gefahren ist. Andere sind schon nach nur drei Trainings-Runden bis auf ein Zehntel an die Pole herangefahren.

Die Top-5 im MSM-Saisonranking 2024 nach Baku

Es ist so weit: Max Verstappen führt nicht mehr in allen Wertungen. Mit dem schlechten Baku-Auftritt öffnet er die Tür für Lando Norris sperrangelweit, und jetzt führt Norris zumindest nach Notenschnitt (abzüglich der Ersatzfahrer Bearman und Colapinto). Nach Punkten fehlen Norris allerdings noch 40 – hier konnte er in Baku kaum etwas wettmachen. Leclerc könnte immer noch mit eingreifen. Hinten sind Bearman und Colapinto vor vier Stammfahrern, und knapp hinter Sergio Perez.

So funktioniert das MSM-Fahrerranking

Langjährige MSM-Leser kennen das Ranking bereits, das inzwischen bewährte System der Vorjahre geht 2024 bereits in sein sechstes Jahr. Direkt nach dem Zieleinlauf jedes Grand Prix rufen wir euch in unserem Formel-1-Liveticker zum Rennen und hier im Artikel zur Benotung aller 20 Piloten auf. Bis zum nächsten Mittag (bei abendlichen Übersee-Rennen auch länger) könnt ihr bewerten, was das Zeug hält.

Aus dem Mittelwert eurer Noten ergibt sich für jeden Fahrer eine Lesernote. Parallel zu euch benoten auch wir, die MSM-F1-Crew rund um Christian Menath, Florian Niedermair und Markus Steinrisser, ebenfalls die Leistungen aller Fahrer an dem betreffenden Wochenende. Auch aus unseren Urteilen bilden wir einen Mittelwert – die MSM-Note. Die Gesamtnote entsteht im letzten Schritt durch den Mittelwert aus User- und MSM-Note zu gleichen Teilen. Bei Gleichstand im finalen Ranking entscheidet die beste Einzelnote.

Als kleines Extra liefert jeder Redakteur seine persönlichen Härtefälle des Wochenendes, indem er wählt und erklärt, welcher Fahrer ihm besonders aufgefallen ist. Einmal im positiven und einmal im negativen Sinn. Online geht das Gesamtergebnis immer um 18:00 Uhr am Tag nach dem Rennen.