Markus Steinrisser
Formel 1 Ressort
Seit 2018 im F1-Team. Der Mann fürs Textliche. Nichts ist schöner als Action auf- und abseits der Strecke, fusioniert zum großen Feature.MEHR

Seit Jahren ist die zahlungskräftige Mannschaft von Aston Martin in der Formel 1 vorne dabei, wenn es um das Abwerben von Technikern bei der Konkurrenz geht. Für 2025 sollte das Technik-Kernteam nach dem letztjährigen Reinfall komplett neu aufgestellt werden. Doch die Verpflichtung des Ferrari-Technikers Enrico Cardile wird zu einem Reinfall der anderen Art – vor Gericht.
Eigentlich war mit einem zeitnahen Dienstbeginn von Cardile als Chief Technical Officer bei Aston Martin gerechnet worden. Logisch, denn die heiße Phase bei der Entwicklung der 2026er-Autos hat schon im Januar begonnen. Jeder Tag, an dem der neue Cheftechniker jetzt noch nicht im Amt ist, Entscheidungen beeinflussen und die Entwicklungsrichtung nach seinen Wünschen vorgeben kann, ist da schlecht.
Aston Martin hatte ursprünglich am 9. Juli 2024 die Verpflichtung des davor lange als Leiter der Chassis-Abteilung von Ferrari beschäftigten Cardile bekannt gegeben. Damals noch vage für 2025. Wie üblich gibt es in F1-Verträgen Sperrfristen, um die Weitergabe von Informationen zu unterbinden. Genau hier ahnte Ex-Arbeitgeber Ferrari falsches Spiel und zog im italienischen Modena vor Gericht.
Gericht urteilt für Ferrari: Cardile bricht Arbeits-Verbot bei Aston Martin
Die Anschuldigung: Cardile habe vor Ablauf seiner Sperrfrist bereits für Aston Martin gearbeitet. Im Februar gab das Gericht Ferrari recht. Die Scuderia ließ nach Berichten in italienischen Medien am 4. März in einer kurzen Stellungnahme daraufhin wissen, “dass das Gericht von Modena vor ein paar Wochen die Forderungen des Unternehmens bestätigt hat und Enrico Cardile aufforderte, sofort jegliche Kollaboration mit Aston Martin bis zum nächsten 18. Juli einzustellen.”
Danach wird Ferrari deutlich: “In dieser dringenden prozeduralen Phase stellte das Gericht von Modena fest, dass unser ehemaliger Angestellter bereits gegen die mit Ferrari vereinbarte Sperrfrist verstoßen hatte, deren Zweck es eben genau ist, andere F1-Teams davon abzuhalten, einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil durch eine Verpflichtung von Cardile vor dem erlaubten Zeitpunkt zu erlangen und so Ferrari irreparabel zu schädigen.”
Aston Martin hielt sich in Reaktion darauf bedeckt und wies direkte Beteiligung von sich: “Das ist eine Angelegenheit zwischen Enrico und Ferrari und ihren Rechtsvertretern in Italien. Die Parteien sind weiterhin in den Prozess involviert. Daher werden wir es nicht weiter kommentieren. Von uns wird es in Bälde eine Ankündigung geben.”
Droht Aston Martin für F1 2026 Verzug?
Für Aston Martin laufen die Vorbereitungen für 2026 auf personeller Seite zeitlich nicht optimal. Designer-Legende Adrian Newey durfte, von Red Bull kommend, erst am 3. März seine neue Position als “Managing Technical Partner” antreten. Cardile hätte eigentlich der Mann direkt unter ihm sein sollen. Nachdem im letzten Jahr Dan Fallows von seinem Posten als Technik-Chef wegversetzt wurde, blieb in den letzten Monaten Eric Blandin als stellvertretender Technischer Direktor übrig.
Bei den Teams rechnete man eigentlich damit, dass ein technischer Leiter besser schon 2024 auf dem Posten sein sollte, um für 2026 wichtige Entscheidungen in der Planungsphase zu treffen. Bis zum Januar waren schließlich nur Arbeiten an 2026er-Designs mit CFD und im Windkanal verboten. Die vorangestellte Konzeptionsphase begann schon im letzten Jahr.
© Motorsport-Magazin
diese Formel 1 Nachricht