Wie schon länger üblich muss 2024 wieder jedes Formel-1-Team im Verlauf der Saison für zwei Trainings einen F1-Rookie ins Auto setzen. Dass Sauber eines dieser zwei Trainings in Zandvoort ableistet, ist nicht ungewöhnlich. Etwas überraschender ist die Fahrerwahl. Statt eines Piloten aus der eigenen Akademie bekommt ein Ferrari-Ersatzfahrer den Zuschlag.

Der 24-jährige Robert Shwartzman darf im 1. Training zum Niederlande-GP den C44 ausprobieren. Ab FP2 sitzt wieder Valtteri Bottas im Auto. Das bestätigte Sauber am Dienstag vor dem Rennen. Eine interessante Gelegenheit für Shwartzman, der einst nach einem F3-Titel als Rookie 2019 als großes Talent der Ferrari Driver Academy galt.

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Doch in der Formel 2 stolperte Shwartzman. 2020 begann es zu stocken, als er im Titelkampf von seinen Ferrari-Academy-Partnern Mick Schumacher und Callum Ilott geschlagen wurde. Im zweiten Anlauf unterlag er 2021 seinem Rookie-Teamkollegen Oscar Piastri deutlich. Das bedeutete erst einmal das Ende der F1-Ambitionen.

Sauber setzt Shwartzman statt eigene F1-Junioren ins Auto

Ferrari behielt Shwartzman zwar als Test- und Ersatzfahrer und gab ihm 2022 und 2023 jeweils zwei Freitags-Trainings. Dass er dort in der Hackordnung vom viel jüngeren Oliver Bearman übersprungen wurde und kaum mehr Formelsport-Perspektiven hatte, war aber spätestens nach Bearmans sensationellem Debüt im Werks-Cockpit in Saudi-Arabien klar.

Shwartzman wechselte bereits 2023 mit Ferrari-Unterstützung auf die Sportwagen-Schiene, fuhr ein Jahr in der GT World Challenge und startet dieses Jahr in einem Ferrari-Hypercar in der Langstrecken-WM. So kommt der Sauber-Auftritt etwas überraschend. Erst recht im Angesicht der Tatsache, dass Sauber eigentlich selbst zwei hauseigene Kandidaten für die Rookie-Trainings hat.

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Robert Shwartzman bei der Fahrerparade 2024 in Le Mans, Foto: DPPI/WEC

Zum einen gibt es den amtierenden Formel-2-Meister Theo Pourchaire. Der wird seit Jahren in der Sauber-Academy gefördert und fuhr im Vorjahr die beiden Freitags-Einsätze. Zum anderen hat man zu Jahresbeginn den ehemaligen Red-Bull-Kaderpiloten und aktuell F2-Gesamtvierten Zane Maloney als Ersatzfahrer verpflichtet.

Sauber sucht einen zweiten Formel-1-Fahrer für 2025

Shwartzmans Sauber-Debüt findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem das Team weiterhin auf der Suche nach einem Teamkollegen für Nico Hülkenberg ab 2025 sucht. Pourchaire und Maloney sollen in dieser Suche übrigens nicht hoch im Kurs stehen. So macht es durchaus Sinn, die Freitags-Trainings für andere Fahrer zu nutzen.

Ob Shwartzman durch sein Auftauchen nun in den erweiterten Kandidatenkreis rutscht, ist reine Spekulation. Nüchtern betrachtet ist er mit sechs F2-Siegen und großer Erfahrung als Ferrari-Tester aber sicher kein schlechter Fahrer. Fest steht auch, dass Saubers COO Mattia Binotto ihn bestens kennt. Binotto war 2019 bis 2022 Ferrari-Teamchef und konnte Shwartzmans Entwicklung aus nächster Nähe verfolgen.

Mattia Binotto und Robert Shwartzman 2022 in Belgien, Foto: LAT Images
Mattia Binotto und Robert Shwartzman 2022 in Belgien, Foto: LAT Images

Die Optionen für Sauber sind momentan ohnehin beschränkt. Nicht nur die Kaderpiloten Pourchaire und Maloney, sondern auch die Einsatzfahrer Valtteri Bottas und Zhou Guanyu inspirieren nicht. So kursieren seit Wochen diverse Rookie-Alternativen. In regionalen Medien fielen etwa die Namen Felipe Drugovich (Aston-Martin-Tester, F2-Meister 2022) und Gabriel Bortoleto (McLaren-Junior, aktuell F2-Zweiter).

Der an manchen Stellen auch vorgeschobene IndyCar-Meister Alex Palou nahm sich am Wochenende in Interviews explizit aus der Verlosung. Für Sauber empfiehlt sich Abwarten. Weg läuft auf dem Formel-1-Fahrermarkt niemand mehr. Red Bull hat aktuell auch noch drei Fahrer für zwei verbleibende Sitze. Dass entweder Sergio Perez, Daniel Ricciardo oder der hoch im Kurs stehende Ersatzfahrer Liam Lawson im Dezember auf dem Markt sein werden, ist wahrscheinlich.