Podiums-Überraschung bei Ferrari: Nachdem die Scuderia in einem erneut ernüchternden Qualifying am Samstag in Barcelona nur die Plätze fünf und sieben erreichen konnte, gelang Charles Leclerc vom siebten Startplatz die Aufholjagd aufs Podium. Im Schlussspurt profitierte der Monegasse von einem schlechten Restart von Max Verstappen auf dem harten Reifen, während Leclerc auf Softs unterwegs war, und sicherte sich den Platz auf dem Treppchen.

Bei diesem für Leclerc rennentscheidenden Überholmanöver kam es jedoch auf Start/Ziel zu einem Kontakt mit Verstappen, die nach Rennende von den Stewards untersucht wurde. Alle Details zu diesem Zwischenfall lest Ihr in diesem Artikel:

Leclerc glücklich: Hatte nicht mit Spanien-Podium gerechnet

“Ich bin wirklich glücklich. Ich hatte nicht mit diesem Podium gerechnet“, freute sich Leclerc im Anschluss. „Wir wussten, dass wir ein bisschen einen Vorteil mit unserer Reifenauswahl hatten.“ Worauf Leclerc anspielte: Im gestrigen Qualifying überstimmte der Monegasse die Ferrari-Strategen und entschied sich mit einem Satz Soft weniger auf die Zeitenjagd zu gehen, um so einen zweiten Satz Medium für das Rennen zu haben.

Aus Sicht von Leclerc zahlte sich das Risiko aus – zumindest teilweise: „Der erste Teil des Rennens war super positiv im Angesicht der Opfer, die wir gestern erbracht haben. Der letzte Teil des Rennens war ein bisschen weniger positiv, aber nicht allzu schlecht. Und das Safety-Car hat uns dann geholfen. Max hatte wohl keine anderen Reifen als den harten Reifen, was ihn in eine schlechte Lage versetzt hat, und wir haben das ausgenutzt.“

Ferrari-Fahrer Charles Leclerc mit Pokal auf dem Podium
Podiums-Freude in Spanien: Charles Leclerc, Foto: Scuderia Ferrari

Zahlte sich Qualifying-Poker aus? Ferrari-Teamchef skeptisch

Ferrari-Teamchef Fred Vasseur zeigte sich hingegen weniger sicher, ob die Qualifying-Strategie tatsächlich einen Vorteil brachte. „Das ist sehr schwierig zu sagen“, so der Franzose. „Erstens, ist es schwierig zu verstehen, ob wir mit einem Satz mehr gestern P3 oder P4 gewesen wären, oder nicht.“ Auf der anderen Seite legte Vasseur nahe, dass die zusätzlichen Medium-Reifen im Rennen halfen, an der Pace der McLaren dranzubleiben.

”Wenn du diese Art von Wette eingehst, kannst du nie nur die positive Seite der Medaille betrachten“, zog Vasseur insgesamt ein gemischtes Fazit. „Du kannst nicht nur auf das Positive im Rennen schauen und nicht auf die Strafe im Qualifying. Manchmal verlierst du für eine Zehntel eine Position und manchmal verlierst du für eine Position zwei oder drei Positionen. Letzteres war gestern der Fall.“

Doch warum war die Performance am Ende des Rennens weniger gut als am Anfang? „Der erste Medium war sehr gut. Der letzte Medium war nicht berauschend. Ich habe versucht, so viel es geht zu managen, weil ich wusste, dass ich einen längeren Stint fahren musste, weil meine gesamten Konkurrenten längere zweite Stints gefahren sind, um einen kürzeren dritten Stint zu haben“, erklärte Leclerc. „Ich musste den letzten Stint also etwas opfern, aber es ist nicht so als hätte ich erwartet, super schnell zu sein.“

Beide Ferraris mit Technik-Problemen im Schlussspurt

Hinzu kam jedoch, dass Leclerc im Schlussspurt ein kleines Problem an seinem Auto hatte. Zwar war dieses laut Ferrari-Teamchef Fred Vasseur nicht so signifikant wie jenes am Auto von Teamkollege Lewis Hamilton und dennoch dürfte es nicht zu vernachlässigen sein. Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com wollte sich Vasseur jedoch bei keinem der Probleme zum Ursprung äußern, ließ aber durchblicken, dass es sich um unterschiedliche Probleme gehandelt habe.

Ein weiterer Brandherd in Leclercs Rennen stellte der Positionstausch mit Teamkollege Hamilton dar. Nachdem sich Leclerc bereits am Start an beiden Mercedes-Piloten vorbeigearbeitet hatte, schloss er schnell zum Rekordweltmeister auf und setzte diesen unter Druck. In der 10. von 66 Rennrunden ordnete der Ferrari-Kommandostand schlussendlich den Positionstausch an. Doch verlor Leclerc bis dahin im Duell zu viel Zeit? Nein, meinte Vasseur im Nachgang: “In dieser Runde war Charles zwei oder drei Zehntel langsamer und ich bin mir nicht sicher, ob diese drei Zehntel mehr oder weniger etwas am Rennen geändert hätten.“

Leclerc deutlich: Nur durch Glück auf dem Podium

Im Hinblick auf die Performance insgesamt bleibt trotz des Podiums-Erfolgs festzuhalten, dass Ferrari nach wie vor klar den eigenen Erwartungen hinterherhinkt. Dies ruf auch Leclerc nach Rennende ins Gedächtnis. „Wir standen heute auf dem Podium, weil wir Glück mit dem Safety-Car hatten“, so der achtfache GP-Sieger. „Ansonsten war P4 unsere Position. Das gibt mir nicht viel mehr Selbstvertrauen, dass wir konstant auf dem Podium landen können.“

Lewis Hamilton vor Ferrari-Teamkollege Charles Leclerc und George Russell im Mercedes
Beide Ferraris lagen zu Rennbeginn nahe beieinander, Foto: IMAGO / Italy Photo Press

“Wir beginnen, das Auto besser zu verstehen, wie wir es abstimmen müssen, um das Maximum herauszuholen“, fuhr Leclerc fort. „Aber wir gehen immer noch in ziemlich extreme Richtungen, was nicht so schön zu fahren ist. Wenn wir nicht sehr bald Upgrades haben, wird es schwierig sein, regelmäßig um Podestplätze zu kämpfen.“

Ferrari überholt Mercedes: Vasseur nimmt McLaren ins Visier

Zumindest in der Konstrukteurs-WM hat Ferrari mit dem heutigen Tage Mercedes überholt und Rang zwei eingenommen. „Nachdem wir in China disqualifiziert wurden, waren wir 50 oder 60 Punkte hinter Mercedes und Red Bull und jetzt sind wir vor ihnen“, lobte Vasseur. „Aber wir müssen immer im Kopf behalten, dass wir nicht P2 sein wollen, wir müssen uns auf McLaren konzentrieren. Ich spreche nicht von der WM, ich spreche von der Pace und heute waren wir in den ersten 40 Runden nicht allzu weit davon weg, dieselbe Pace zu haben. Das heißt, dass wir weiter in dieselbe Richtung pushen müssen, wenn wir Rennen gewinnen wollen.“

Von einem Renngewinn war Weltmeister Max Verstappen heute in Barcelona weit entfernt. Besonders eine Kollision mit George Russell sorgte für einige Diskussionen und eine Strafe gegen Verstappen. Manch einer, so etwa der ehemalige Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg, unterstellten Verstappen gar Absicht. Darauf angesprochen, wich Red-Bull-Teamchef Christian Horner im Nachgang des Rennens aus. Alle Details lest Ihr hier: