Als ob die Probleme auf der Strecke 2025 für Red Bull nicht schon überhandgenommen hätten, so zeigte sich in Miami am Samstag erneut: Die einstigen besten Reifenwechsler der Formel 1 haben auch in den Boxen ein Problem. Zum ersten Mal seit Jahren sind ihre Boxenstopps ein unberechenbares Chaos. Die Fragen nach den Ursachen beginnen.

Statistisch gesehen ist die Lage jedenfalls klar. Grundsätzlich gilt Red Bull seit 2018 als bestes Team beim Reifenwechsel. Seitdem haben sie zum einen jedes Jahr den von F1-Sponsor DHL vergebenen Fastest Pit Stop Award gewonnen, bei dem nach jedem Rennen für die zehn besten Stopps Punkte vergeben werden. Aber auch in allen anderen Metriken war Red Bull stets vorne.

Egal, ob beste Durchschnittswerte, geringste Fehlerquote, meiste Stopps unter 2,5 Sekunden. Einzig den absoluten Weltrekord verlor man 2023 an McLaren. Aber sonst stoppte eigentlich kaum jemand so schnell und zugleich fehlerlos. Zumindest bis 2025.

Red Bull fällt bei Boxenstopps 2025 deutlich ab: Nur mehr F1-Mittelklasse

Generell gelten Boxenstopps über 3,5 Sekunden in der Formel 1 als fehlerhaft. Davon hat Red Bull 2025 bei nur sechs Rennen und 15 regulären Reifenwechseln (ohne Strafen oder Reparaturen) bereits drei gesammelt. Das beinhaltet noch nicht einmal das Sprint-Debakel von Miami, als der für die Ampel zuständige Mechaniker den Verkehr völlig falsch einschätzte und Max Verstappen das Losfahr-Signal erteilte, obwohl gerade Kimi Antonelli zu seinem direkt vor der Red-Bull-Garage liegenden Standplatz fuhr.

Rennen Zeit Grund
Japan (Verstappen) 3,32 Backup-Crew
Japan (Tsunoda) 2,90 Backup-Crew
Bahrain (Verstappen) 4,72 Ampel defekt
Bahrain (Tsunoda) 4,26 Ampel defekt
Bahrain (Verstappen) 6,27

Red Bull machte bislang alle Problem-Stopps an separaten Fehlern fest. Der Ampel-Fauxpas von Miami war menschliches Versagen. In Bahrain streikte die Ampel aufgrund eines technischen Defektes, das löste alle zwei der angesprochenen Stopps über 3,5 Sekunden aus. Und in Japan stand Verstappen 3,32 Sekunden, weil die Nummer-eins-Mechaniker nicht vor Ort waren und Backups ihre Arbeit verrichten mussten.

Also alles nicht so schlimm, bloß eine Verkettung unglücklicher Umstände? Ein genauerer Blick in die Daten lässt doch größere Zweifel aufkommen. Hatte Red Bull im Vorjahr noch sensationelle 59 Prozent aller Reifenwechsel in 2,5 Sekunden oder sogar noch schneller absolviert, sind es in der aktuellen Saison nur mehr 27 Prozent. Dass sich die Stopp-Zeiten in der Masse in den Bereich von 2,51 bis 3 Sekunden verschieben, ist dann doch auffällig.

Erst recht, weil sich Red Bull seit der Einführung der 18-Zoll-Felgen 2022 kontinuierlich verbessert hat – von 40 auf 60 Prozent. 2025 ist also nicht nur die Fehlerquote gestiegen, auch der durchschnittliche Red-Bull-Stopp ist schlichtweg nicht mehr schnell, er ist durchschnittlich. Andere geben den Ton an, weit enteilt ist Ferrari. 13 derer 17 Stopps betrugen bislang 2,5 Sekunden oder weniger. Fehler haben sie bislang keinen einzigen zu Buche stehen.

Herausforderung Formel-1-Stopps erklärt

Dass bei einem Team die Fehlerquote steigt und zugleich die Stopps langsam werden, ist aber nicht unbedingt ohne Präzedenz. Umstellungen sind in diesem Bereich häufig, und bei der für Top-Stopps notwendigen Präzision können kleine Detail-Probleme schon große Auswirkungen haben.

Natürlich muss zuerst angemerkt werden, dass der langjährige Teammanager Jonathan Wheatley im Winter ging. Der nunmehrige Sauber-Teamchef war Hauptverantwortlicher im Boxenstopp-Bereich gewesen. Das muss aber nicht heißen, dass Wheatleys Abgang sofort direkt zu solchen Auswirkungen führte. Jahr für Jahr ändern sich beim Reifenwechsel-System oft viele Komponenten ohnehin.

Oft wechseln etwa die Mechaniker. Praktisch kann man Boxenstopps als eigenen Sport im Sport sehen – aber bizarrerweise nicht als Profi-Sport, denn er wird ausgeführt von Leuten, die sonst andere Aufgaben im Team halten. Eine eigene Crew zu jedem Rennen zu fliegen, die dann vielleicht nur zwei Reifenwechsel in einem Rennen macht, ist keine sinnvolle Nutzung der beschränkten Ressourcen.

Weil Zeitpläne am F1-Wochenende knapp bemessen sind, ist es zugleich schwierig, permanent zu trainieren. Nur in Mini-Zeitfenstern können die Mechaniker mit echten Reifen, echtem Equipment und dem echten Auto in der echten Boxengasse üben. Es ist daher ein bekannter Effekt, dass Stopps nach Änderungen in der Winterpause in der ersten Saisonhälfte langsamer werden, bis sich das Team eingegroovt hat.

Wenn dann wie in Japan wichtige Crew-Mitglieder an einem so frühen Rennwochenende fehlen, dann hilft das dem Prozess auch nicht. Teamchef Christian Horner ist sich der menschlichen Komponente durchaus bewusst und hielt am Sonntagabend in Miami nach dem Rennen einen soliden Turnaround nach dem vortäglichen Sprint-Desaster fest: “Die Boxen-Crew hat heute gute Arbeit geleistet. Ihre Freigabe vor dem Williams war perfekt. Das ist gut für ihr Selbstvertrauen.”