Der Sargnagel beim Österreich-Wochenende von Max Verstappen war natürlich der Ausfall in der ersten Runde. 61 Punkte Rückstand sind es jetzt in der Fahrer-WM, aber eigentlich war das nicht das Schlimmste. “Der Abstand von einer halben Sekunde über so eine kurze Runde, die Überlegenheit hats selten gegeben, da kann der Verstappen-Faktor rauf- und runterfahren”, sieht auch F1-Experte Christian Danner die Performance des Autos als besorgniserregend.

Die WM scheint bei der Lage fast gelaufen, auch weil das Team keine ausreichenden Fortschritte macht. Als Grund sieht Danner langsam ein Mindset-Problem in der Design-Abteilung von Milton Keynes, in der Mannschaft rund um den Technischen Direktor Pierre Wache, der dort das Sagen hat.

F1-Krise bei Red Bull: Danner kritisiert Ingenieure! (37:26 Min.)

Jagd auf maximalen Abtrieb? Falsches Rezept für Red Bull

“Wache hat gesagt, er baut ein Auto wie er es gerne hätte, nämlich nach den Zahlen”, urteilt Danner im ‘AvD Motorsport Magazin’. “Es geht um die maximalen Abtriebszahlen, und diesen Vorteil will er nicht verschenken. Wenn damit verbunden es schwierig ist, das Auto abzustimmen, dann ist es sein Job nicht, dann müssen die Ingenieure an der Strecke ran. Er will ja nicht die Arbeit der Ingenieure leicht machen, die sollen schon zeigen, was sie können.”

Doch die letzten Jahre der 2022 eingeführten Ground-Effect-Regeln zeigen zunehmend, dass Abtrieb allein sogar Probleme machen kann. Denn diese Autos sind besonders sensibel, und immer mehr Teams wechselten in den letzten Monaten ihre Design-Philosophien. Weg von den absoluten Abtriebszahlen, hin zu der Frage: Wie mache ich das, was ich schon habe, in einem breiteren Fenster fahrbarer? Den Erfolg dieser Methode unterstreicht zuletzt Sauber:

“Wenn ich rechts oder links von der Rasierklinge runterfalle, dann fällt auch ein Verstappen runter”, erinnert Danner schließlich. “Der kann es zwar besser retten als ein Tsunoda, aber herunterfallen tut er allemal.” Danner verteidigt so bis zu einem gewissen Grad auch Yuki Tsunoda, der momentan richtig mit dem Red Bull zu kämpfen hat: “Nein, über Jahre hinweg hat man mit dieser Philosophie eine Situation heraufbeschworen, die grundsätzlich nicht gut ist. Nämlich, dass nur ein einziger einigermaßen damit fahren kann.”

Christian Danner empfiehlt Red Bull Entwicklungs-Umdenken – hat aber Zweifel

“Ich glaube, da ist ein großes Umdenken nötig”, folgert Danner also. Doch er zweifelt, wie schnell das gehen wird: “Weil ja der Kopf des Ganzen, Adrian Newey, seit einiger Zeit nicht mehr dabei ist. Und auch wenn, man immer wieder gesagt hat ‘Ach, das merken wir nicht, wir haben so viele gute Leute, die sind ja alle mindestens genauso gut wie Adrian’, so war Adrian ein Leben lang Track Engineer.”

Design-Guru Adrian Newey, der Red Bull vor einem Jahr verließ und jetzt bei Aston Martin arbeitet, war in den 1980ern auch einmal Renningenieur, fuhr hin und wieder sogar selbst Autorennen, und er ist bekannt dafür, stets detailliertes Fahrer-Feedback einzuholen und ein sehr gutes Verständnis von Rennfahrern zu haben.

Was soll Red Bull für neue Formel-1-Erfolge tun?

So drängt sich die Folgerung auf: Genau diese jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit der kompletten Einheit eines Rennautos fehlt bei Red Bull irgendwo. “Natürlich, Zahlen sprechen eine klare Sprache, aber das Umsetzen und die Fahrbarkeit ist etwas, was schon meiner Ansicht nach angeordnet und durchgesetzt gehört”, fordert Danner.

Was also tun? Personelle Konsequenzen zu ziehen ist für Danner ein schwieriges Thema: “Wenn natürlich der Technikchef sagt, ich mache es so und der Rest ist mir egal, dann wird die Situation natürlich schwierig, wenn man dann sagt, also wir, wir hätten es gerne anders. Wenn er sich dann weigert, dann führt das zweifelsohne zu Personalproblemen. Nur ob man das bei Red Bull will, da bin ich mir noch nicht so ganz sicher.”

“Die arbeiten immer noch in dieselbe Richtung, ohne es in dieser Form wahrnehmen oder anerkennen zu wollen”, fürchtet Danner stattdessen, dass die nötige Erkenntnis intern noch nicht gefallen ist. “Ich glaube, man ist da nach wie vor ganz fest davon überzeugt, dass man auf dem richtigen Weg ist, auch wenn es offensichtlich – siehe Tsunoda, siehe Lawson, siehe eigentlich alle anderen Teamkollegen – nicht funktioniert.”