1. – S wie Startaufstellung

Die Ausgangslage für das 18. Rennen der Formel-1-Saison 2024 könnte kaum spannender sein. Nach seinem Baku-Debakel meldete sich Lando Norris mit der fünften Pole Position in diesem Jahr eindrucksvoll zurück. Nicht weniger gewichtig ist der zweite Startplatz von Max Verstappen. Der Weltmeister wartet seit sieben Rennen auf einen Sieg und stand in den letzten fünf Grands Prix nur ein Mal auf dem Podium.

Hinter den beiden WM-Rivalen in Reihe eins ist das Verfolgerfeld bunt gemischt. Sieben Teams schafften es am Samstag ins Q3. Mercedes bezieht mit Lewis Hamilton und George Russell geschlossen die zweite Startreihe, gefolgt von einem frustrierten Oscar Piastri und Mittelfeld-Held Nico Hülkenberg. Nach dem Unfall von Carlos Sainz und einem Q3-Patzer von Charles Leclerc gehen die Vorjahressieger von Ferrari nur von den Startplätzen neun und zehn ins Rennen.

Außerhalb der Top-10 verspricht das Grid ebenfalls Spannung. Sergio Perez startet als 13. ‘out of position’ und muss liefern, wenn Red Bull in der Konstrukteursweltmeisterschaft mit beiden Autos punkten will. Unmittelbar dahinter ist Kevin Magnussen nach seiner Rennsperre zurück und laut eigener Aussage “bereit, Scheiße zu bauen.” Für Daniel Ricciardo könnte es von Platz 16 das letzte Mal sein, dass er in ein Formel-1-Rennen startet.

2. – S wie Start

Auf den ersten Metern entscheidet allein die Traktion, denn von der Pole Position sind es nur 196 Meter bis zur ersten Kurve. Die Reifenwahl kann hier den Unterschied machen, um die auf dem Stadtkurs wichtige Track Position zu erlangen. Der Soft-Reifen erwies sich an diesem Wochenende allerdings als äußerst empfindlich. Es ist daher fraglich, ob jemand den unbeliebten Pneu für den Vorteil auf den ersten Metern aufzieht. Mit Verstappen, Piastri, den Ferrari-Fahrern und Perez gibt es aber gleich einige Piloten, die einen Positionsgewinn am Start gut gebrauchen könnten.

Das führt uns zur Problematik der Startphase in Singapur. Die kurze Anfahrt auf die erste Kurve gepaart mit der darauffolgenden Links-Rechts-Links-Passage samt üppiger Auslaufzone waren in der Vergangenheit eine Einladung zu übermotivierten Manövern. Zwischen 2016 und 2018 krachte es auf den ersten Metern jedes Mal. Etwas, das sich ein Fahrer ganz und gar nicht leisten kann und will. Wenn Norris in Singapur eine Nullnummer anschreibt, war es das endgültig mit den WM-Chancen. Verstappen könnte das in Kurve eins zu seinem Vorteil nutzen.

3. – S wie Scuderia im Rückwärtsgang

Ferrari war in Monza und Baku das Team der Stunde, doch gerade als die Italiener wieder Fahrt aufnehmen, gibt es den nächsten Dämpfer. In der Konstrukteurswertung hatte die Scuderia vier Wochenenden in Folge auf Red Bull aufgeholt und Singapur war im Vorjahr die einzige Rennstrecke im Kalender, auf der Red Bull nicht dominierte – und Ferrari nutzte die Gunst der Stunde für einen Doppelsieg. Der Stadtkurs in Südostasien hätte sich für die Fortsetzung der momentanen Formkurve nahezu aufgedrängt, aber im Qualifying verbauten sich Sainz und Leclerc die Chance auf die Großchance.

Der Spanier crashte im Q3 noch bevor er auf seine erste fliegende Runde ging und blieb folglich Zehnter. Sein Teamkollege schmiss den einen Versuch, der nach der roten Flagge noch blieb, mit einem Track-Limit-Verstoß weg. Damit hatte keiner der beiden Ferrari-Fahrer im letzten Teil des Qualifyings eine gültige Rundenzeit vorzuweisen. Die Aussichten sind dementsprechend düster. “Ich bin noch optimistisch, aber ich brauche eine Nacht Schlaf, um optimistisch zu sein. Heute hat mir ordentlich zugesetzt”, so Sainz am Samstagabend.

4. – S wie Strategie

Pirelli hat für das Wochenende in Singapur erneut die drei weichsten Mischungen aus dem Sortiment aufgefahren. Der C5-Reifen sorgte im Qualifying zwar für reichlich Frust, doch Pirelli schreibt ihn für das Rennen trotzdem nicht ab. Das richtige Pace-Management vorausgesetzt, kann der Soft-Reifen einen Rennstint überstehen. Lohnen wird er sich aber nur im ersten Stint, wenn damit am Start entsprechend Positionen gutgemacht werden können, die es dann zu verwalten gilt. Wer auf dem Soft-Reifen hinterherfährt, verliert eher über kurz als über lang den Anschluss.

Pirelli hat eine Einstopp-Strategie mit Medium und Hard als schnellste Variante für die Renndistanz von 62 Runden errechnet. Wer auf dem weichen Reifen startet, muss zwischen Runde 14 und 19 auf Hard wechseln. Bei einem ersten Stint auf Medium sind bis zu 27 Runden drin. Bei der Variante mit dem harten Compound als Startreifen kann der erste Stint bis Runde 43 gestretcht werden. Der Zeitverlust beim Pitstop beträgt 28 Sekunden, weshalb eine Zweistopp-Strategie wohl nur bei einer Neutralisierung eine Option sein wird. Dann könnte auch zu einem späten Zeitpunkt im Rennen der Soft-Reifen noch einmal eine Möglichkeit sein.

5. – S wie Safety Car

Seit acht Rennen ist das Safety Car in der Formel 1 nicht mehr ausgerückt – Zeit, das zu ändern. Seit der Erstausgabe des Singapur GP gab es 25 Neutralisierungen, im Vorjahr waren es deren zwei. Bisher gab es noch keine Rennen auf dem Marina Bay Street Circuit, in dem Bernd Mayländer nicht mit dem Führungsfahrzeug ausrücken musste. Wie schnell einen die Mauern des Stadtkurses erwischen, bekam am Samstag Carlos Sainz zu spüren. Der Crash des Ferrari-Fahrers zog eine längere Reparaturpause nach sich, um die Tecpro-Barrieren zu reparieren. Auch eine rote Flagge ist im Grand Prix demnach nicht auszuschließen.

6. – S wie Strecke

Der Marina Bay Street Circuit war seit der Premiere im Jahr 2008 eines der Highlights im Formel-1-Kalender. In den Jahren 2019 und 2020 fiel der Grand Prix in der Stadt der Löwen aufgrund der weltweiten Krisensituation aus. Beim Comeback fanden sich Routiniers im Feld schnell wieder zurecht, denn das Layout blieb über die Pause unverändert. Für die Fahrer ist es aufgrund der geographischen Lage eines der anstrengendsten Rennen des Jahres. Hohe Luftfeuchtigkeit, Hitze, Bodenwellen sowie die Fahrt bei Dunkelheit und Flutlicht stellen hohe Anforderungen an Ausdauer und Konzentration.

In Kombination mit den hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten und den nahe stehenden Mauern werden kleine Unachtsamkeiten in Singapur gnadenlos bestraft. Im Vorjahr wurde die Rennstrecke modifiziert und auf 4,940 Kilometer verkürzt. Im letzten Sektor entfielen vier Kurven, wodurch eine neue Gerade geschaffen wurde. Diese verfügt dieses Jahr erstmals über eine DRS-Zone, womit es dieses Jahr insgesamt vier Einsatzmöglichkeiten für die Überholhilfe gibt. Die anderen drei befinden sich auf der Start- und Zielgeraden, zwischen den Kurven fünf und sieben sowie zwischen den Turns 13 und 14.

7. – S wie Schimpftiraden

Auf den guten Ton wird in der Formel 1 neuerdings viel Wert gelegt. Im Vorfeld des Singapur GP gab es eine Ansage von ganz oben, verbale Entgleisungen am Funk und an den Mikrofonen in Zukunft zu unterlassen. Max Verstappen kassierte am Freitag prompt eine Strafe, weil er am Vortag in der Pressekonferenz von einem der bösen Wörter Gebraucht gemacht hatte. Der dreifache Weltmeister antwortete darauf mit einem Boykott der Pressekonferenz nach dem Qualifying. Auf Unverständnis traf die Anordnung der FIA aber auch so schon, denn die Fahrer haben keine Lust, sich im Eifer des Gefechts noch den Mund verbieten zu lassen. Wenn es in Singapur heiß hergeht, könnte es für den einen oder anderen Fahrer hinterher noch eine Standpauke für schlechtes Benehmen samt Strafe geben.