Vier Mal Weltmeister. Eine Last-Minute-Entscheidung, zwei überlegene Triumphe und nun ein hart erkämpfter Titel gegen teils überlegene Gegner. Anders als in den Formel-1-Saisons 2022 und 2023 musste Max Verstappen 2024 alles aus sich und seinem Boliden herausholen, um zum vierten Mal F1-Weltmeister zu werden. Sein Red Bull war über weite Strecken der Saison nicht das beste Auto im Feld und trotzdem gewann der Niederländer zwei Rennen vor Saisonende den Fahrer-Titel. Motorsport-Magazin.com blickt auf Verstappens Weg zum vierten WM-Titel zurück.

Phase 1: Gibt es nur noch Verstappen als Sieger?

Sieger Max Verstappen (Red Bull) feiert auf dem Podium
Durch den Auftaktsieg in Bahrain gab es 2024 erneut keine andere Nummer 1 in der Fahrerwertung als Verstappen, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Nach 19 Siegen in 22 Rennen in der F1-Saison 2023 wünschten sich Motorsportfans zu Beginn des Jahres 2024 vor allem eines: einen spannenderen WM-Kampf. Doch Max Verstappen machte 2024 erst einmal dort weiter, wo er in der Saison zuvor aufgehört hatte: ganz oben.

Beim Auftaktrennen in Bahrain gab er kein einziges Mal die Führung ab und war mit der schnellsten Rennrunde fast 1,5 Sekunden schneller als der Zweitschnellste Charles Leclerc. Nach dem Ausfall durch einen Bremsdefekt im dritten Rennen in Australien ging es beim Japan Grand Prix in Suzuka und auch auf dem Shanghai International Circuit in China mit dem Gewinnen weiter.

Phase 2: Erste Gegenwehr für Verstappen

McLaren-Teamfeier mit Sieger Lando Norris
Souveräner erster Sieg: Lando Norris in Miami mit über 7,5 Sekunden Vorsprung vor Max Verstappen, Foto: LAT Images

Beim sechsten Grand Prix der Saison in Miami stand Verstappen am Ende jeder Session ganz oben – bis zum Rennen. McLaren-Pilot Lando Norris krönte sich in Florida erstmals in seiner Karriere zum Grand-Prix-Sieger. McLaren trat in Miami mit einem rundum überarbeiteten Boliden an. Das Update funktionierte auf Anhieb.

Spätestens in Imola, der darauffolgenden Station im Rennkalender, sah die F1-Welt McLaren zum neuen Hauptkonkurrenten Verstappens heranwachsen. Norris kam in Imola weniger als eine Sekunde hinter Verstappen ins Ziel und hätte den dreifachen Weltmeister fast noch überholt.

Verstappen musste zunehmend mehr Risiko gehen, um weiterhin die Oberhand gegen die stärker werdende Konkurrenz zu behalten. Beim Großen Preis von Monaco überschritt er die Grenze des Möglichen, erwischte im Qualifying die Bande und qualifizierte sich nur auf dem sechsten Platz. Im Rennen war Monaco-typisch Überholen nahezu unmöglich, es blieb dabei.

Phase 3: Verstappen kämpft im Red Bull mit stumpfen Waffen

Max Verstappen nach seinen 7. Saisonsieg im Parc Ferme
Schweißtreibende Verteidigung des WM-Titels: Max Verstappen nach Spanien-Sieg, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Zum Grand Prix in Kanada profitierte Verstappen von nass-trockenen Bedingungen im Rennen und konnte seine fahrerischen Fähigkeiten ausspielen. Der technische Nachteil seines RB20 war bei wechselndem Wetter nicht ausschlaggebend – der Niederländer gewann.

In dieser Phase der Saison war es für Verstappen nicht mehr selbstverständlich, von Platz 1 ins Rennen zu starten. In Spanien sicherte sich Lando Norris die Pole Position. Der Brite verlor jedoch unmittelbar nach dem Start zwei Positionen. In der Schlussphase des Rennens kam Norris mit seinem reifenschonenden McLaren an den führenden Verstappen heran, für einen Sieg reichte es allerdings nicht. Unabhängig der Strecke war der McLaren der schnellste Rennwagen im Feld. Wie das den Briten gelungen ist, könnt ihr im folgenden Artikel nachlesen:

Verstappen muss viel investieren, um Hauptrivale Norris hinter sich zu halten. Auch auf dem Red Bull Ring in Österreich hatte Norris das schnellere Auto. Bei Norris’ Überholversuch gegen Verstappen wehrte sich der Red-Bull-Fahrer mit allen Mitteln – es kam zu einer Berührung und beide erlitten einen Reifenschaden. Verstappen nahm auf P5 wenigstens noch ein paar Punkte mit, Norris ging leer aus. Dass der Red Bull nicht mehr so einfach zu fahren war wie zuvor, zeigten die Ergebnisse von Verstappens Teamkollege Sergio Perez, der nach dem Miami GP keine zweistellige Punktzahl mehr einfuhr.

Phase 4: Kostspielige Fehler und Papaya Rules

Polesetter Lando Norris, McLaren-Teamkollege Oscar Piastri und Max Verstappen im Red Bull fast gleichauf in Kurve 1
Misslungener Norris-Start in Ungarn: Piastri geht innen und Verstappen außen vorbei, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Den Ungarn GP begann Lando Norris von der Pole Position, Teamkollege Piastri von P2. Norris ließ in der ersten Kurve Piastri und Verstappen passieren. Der Titelverteidiger ist allerdings gegen McLaren auf dem Hungaroring chancenlos. Piastri wurde trotz Führung nach Norris zum Boxenstopp gebeten und verlor dadurch die Führung an seinen Teamkollegen. McLaren wies Norris an, die Führungsposition Piastri zurückzugeben. Dies tat er auch. Die Mannschaft aus Woking verzichtete freiwillig auf die maximale Anzahl an WM-Punkten für Norris und degradierte Piastri nicht zum WM-Helfer.

Nächster Fehler: In Spa-Francorchamps in Belgien misslang Norris erneut der Rennstart. Obwohl Verstappen durch eine Motorenstrafe vom zwölften Platz ins Rennen ging, kam der Niederländer noch auf P6 vor Norris (P7) ins Ziel. Austin, Texas: Wieder ein vermasselter Rennstart von Norris, er musste sich mühsam zu Verstappen vorarbeiten. In der Schlussphase des Grand Prix überholte Norris seinen Titel-Rivalen abseits der Strecke, bekam eine Zeitstrafe und sammelte erneut weniger Punkte als Verstappen.

Phase 5: Ausnahmekönner Verstappen schlägt zu

Sieger Max Verstappen (Red Bull) und Pierre Gasly (Alpine) auf dem Podium
Der Brasilien-Sieg von Max Verstappen läutete endgültig den Titel-Triumph ein, Foto: LAT Images

Nach dem Grand Prix in Mexiko fragten sich viele F1-Fans, wie spannend Norris den WM-Kampf noch machen würde. 47 Punkte Rückstand bei vier verbleibenden Rennwochenenden ließen die Situation nicht aussichtslos erscheinen. Den folgenden Sao Paulo GP startete Norris erneut von vorn, kämpfte jedoch in seinem MCL38 mit dem Regen von Interlagos.

Ganz anders Max Verstappen: Nach einem unglücklichen Qualifying inklusive einer Motorenstrafe von P17 gestartet, pflügte der Niederländer durch das Fahrerfeld und fuhr in atemberaubender Weise zum Sieg. Norris wurde nur Sechster. Die Weltmeisterschaft war damit fast entschieden.

In Las Vegas war es dann soweit: Verstappen schnappte sich in der Stadt der Sünde seinen vierten F1-Titel in Folge. Die kalten Temperaturen und das niedrige Grip-Niveau machten es allen Fahrern schwer, ihren Boliden zum Funktionieren zu bringen. Der McLaren kam mit den Bedingungen gar nicht zurecht, Norris landete vor Piastri auf P6. Verstappen holte erneut das Maximum aus dem schwächelnden Red Bull heraus und kam auf Platz fünf ins Ziel – und krönte sich mit dem Ergebnis zum Formel-1-Champion 2024.

Vor Verstappen kamen beim Las Vegas Grand Prix die Ferrari-Piloten Charles Leclerc und Carlos Sainz ins Ziel. Warum nach dem Rennen dicke Luft zwischen den beiden herrschte, erklärt euch Christian in unserem News-Video:

Leclerc eskaliert wegen Sainz! Was wird das erst mit Hamilton? (31:12 Min.)