Markus SteinrisserKommentar
Formel 1 Ressort
Seit 2018 im F1-Team. Der Mann fürs Textliche. Nichts ist schöner als Action auf- und abseits der Strecke, fusioniert zum großen Feature.MEHR

Ein Formel-1-Rennen kann auf zweierlei Art schlecht sein. Es kann einfach langweilig sein. Das ist die eine Sache. Es kann aber auch sportlich völlig daneben sein. In Monaco ist 2025 dank der neuen Reifen-Regel viel passiert. Gut war davon absolut gar nichts. Das liegt nur bedingt an der neuen Regel. Die hat vor allem ein bereits vorhandenes Problem verschlimmert – und das Rennen als eine faire Sport-Veranstaltung völlig entstellt.
Das nervt mich. Auch die Fahrer nervt es. Carlos Sainz nannte es gar “Manipulation”, was er selbst hatte tun müssen. Sich das anzuschauen war rückblickend völlig jenseitig. Nur um es noch einmal zusammenzufassen. Erst bremste Liam Lawson alle hinter ihm um 40 Sekunden ein, damit Isack Hadjar zwei Stopps machen konnte. Dann bremste Carlos Sainz die gleichen Fahrer um 40 Sekunden für Alex Albon ein.
Dann tauschten die Williams Positionen. Albon bremste um 40 Sekunden für Sainz. George Russell platzte der Kragen, er kürzte die Schikane ab und nahm willentlich eine Durchfahrtsstrafe in Kauf, um aus dieser Hölle zu entkommen. Zur Krönung bremste dann Kimi Antonelli noch einmal für Russell.
Neue Monaco-Regel verschlimmert Formel-1-Probleme sogar noch
Herausragendes Racing, bravo. Je später es wurde, desto schwieriger wurde es für die Fahrer, die Anweisung in der knapper werdenden Zeit auszuführen. Bei Albon war die Angelegenheit fahrerisch schon grenzwertig. Wenn Fahrer um vier Sekunden langsamer fahren als nötig, ist das abartig anzusehen. 10 Fahrer wurden mindestens zwei Mal überrundet.
Für alle Fahrer war das die Hölle. Zweimal musste die Spitzengruppe sich durch einen Zug von fünf oder mehr Autos durchwühlen. Und die direkt Beteiligten verzweifeln. Ein F1-Auto in Monaco am Limit zu bewegen, da geraten sie ins Schwärmen. Aber das war so langsam, dass sie sogar damit haderten, die Reifentemperaturen zu halten.
Dass diese Farce “unterhaltsamer” war als das 2024er-Debakel ohne Boxenstopps ist wohl kaum eine Errungenschaft. Davon kann man sich doch nicht allen Ernstes gut unterhalten fühlen. Das bringt uns aber zur Frage: Was machen wir jetzt?
Denn die Taktik war immer schon da. Fernando Alonso exekutierte sie im Vorjahr, um Lance Stroll einen Gratis-Stopp zu verschaffen. Das Problem ist: Wenn es zwei Stopps gibt, dann verdoppelt sich das Problem. Musste man vorher die Verfolger “nur” 20 Sekunden einbremsen, so muss man es jetzt gleich zwei Mal machen. Gegen die Taktik vorzugehen ist schwierig. Langsam fahren kann man nicht so einfach verbieten. Kann man es mit einer Maximal-Rundenzeit unterbinden? Ja, aber wo die Referenz setzen? Das hört sich alles unnötig kompliziert und verpfuscht an.
Die Kapitulation vor der Monaco-Realität der Formel 1
Ich sag’s ganz ehrlich: Unter dem Strich schaue ich mir da lieber die übliche Einstopp-Prozession an. Zwei Stopps erzeugen letztendlich genau die gleiche Prozession – nur verdoppeln sie die Wahrscheinlichkeit, dass es dumm aussieht. Sportlich ist das ein Unding. Unabhängig von dem Blockade-Fiasko. Wir verdoppeln die Beliebigkeit, sonst nichts. Max Verstappen wartete bis Runde 77, ob nicht doch ein Rennabbruch ihm den Sieg schenken würde.

Isolierte Momente der Beliebigkeit kann ich auch mit Einstopp-Rennen haben. Und zwischen den punktierten Momenten dieser Beliebigkeit kann nichts passieren. Es ist unmöglich. Weil es Monaco ist. Weil man nicht überholen kann. Das Problem ist unlösbar, solange Monaco in seiner aktuellen Konfiguration existiert. Auch kleinere Autos werden nichts helfen. Wir können in die Vergangenheit blicken, und dabei werden wir herausfinden, dass die Rennen auch damals mies waren.
Ich empfehle also: Akzeptieren, dass Monaco eben Monaco ist. Es ist das beste Qualifying des Jahres. Das Rennen ist dann eben, was es ist. Vielleicht haben wir Glück, vielleicht regnet es. Haben wir Pech, so haben wir eben Pech. Vielleicht findet die Strecke eine Lösung, wie man den Verlauf ändert und irgendwo einen Überhol-Spot kreiert. Ich weiß es nicht. Eines weiß ich aber: Ich will keine F1-Saison ohne Monaco-Qualifying.
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