Schon China war kein Highlight, doch mit einem völlig belanglosen Sonntag in Japan setzte die Formel 1 der Langeweile noch einmal eins drauf. Auch viele Fahrer stiegen nach Suzuka größtenteils gelangweilt aus dem Auto. Überholen war absolut unmöglich, jetzt werden erste Fragen zu nötigen Eingriffen in den Raum gestellt. Aber ist es wirklich ein generelles F1-Problem? Die Wahrheit ist etwas streckenspezifischer.

Um etwas auszuholen: Wie kommt es eigentlich zu einem Überholmanöver? Der Verfolger muss in der Formel 1 signifikant schneller sein, um über den ausgelösten Abtriebsverlust durch die gefürchtete ‘Dirty Air’, also die von der Aerodynamik des Vordermannes ausgelöste verwirbelte Luft, hinwegzukommen. “Normalerweise wird diese Differenz durch eine Reifendifferenz erzeugt”, erklärt McLaren-Teamchef Andrea Stella.

2025 ist die Dirty Air aufgrund der immer feineren Aero-Entwicklungen so groß wie seit 2021 nicht mehr. Das ist eine übliche Konsequenz von gereiften Aero-Regeln, bei denen die Teams nun mehr Abtrieb mit den kleinsten Details erzeugen wollen. Diese Feinheiten funktionieren dann oft nur, wenn das Auto freie Fahrt hat. “Man sah im China-Sprint Lewis Hamilton in Führung liegen, er konnte tun, was er wollte”, nennt Stella als Beispiel.

Japan macht Formel 1 2025 besonders große Probleme

Das zusätzliche Problem in Suzuka: 2025 wurde der mit seinen schnellen Kurven die Reifen stark belastende erste Sektor komplett neu asphaltiert. Die neue glatte Oberfläche bot so viel Haftung, dass die Last auf den Reifen signifikant abnahm. Vor dem Wochenende hatten alle noch zwei Stopps prognostiziert. Als sie erstmals auf die Strecke gingen, wurde schnell klar: Die Reifen sind viel zu hart.

Als es am Sonntag dann dank Wolken auch noch abkühlte, gab es praktisch gar keinen Reifenabbau mehr. Die nötigen Pace-Unterschiede durch Reifenabbau, welche das Rennen zum Aufwachen benötigte, traten infolgedessen nie auf. Und ohne Reifenabbau sind die aktuellen F1-Autos einfach zu nahe beisammen. In Japan, wo Überholen mehrere Zehntel braucht, ist die Folge damit ganz klar: Eine Prozession. Das Szenario war China sehr ähnlich: Auch dort war die Strecke für 2025 neu asphaltiert worden. Auch dort fanden Pirelli und die Teams überraschend wenig Verschleiß vor.

Bitter für Pirelli: Man hat für dieses Jahr zugleich die Konstruktion der Reifen verändert, um sie robuster zu machen. Dass man nun nach Japan auch noch die drei härtesten Reifenmischungen brachte – in der Annahme, dass die Strecke wie in den Vorjahren viel Verschleiß produzieren würde – war viel zu viel auf der nun viel glatteren Strecke.

Muss die Formel 1 ein Langeweile-Problem lösen?

Diese Faktoren sorgten in Summe für das schläfrige Rennen in Suzuka. “Ich hoffe, Pirelli reagiert schnell”, warf George Russell daraufhin nach dem Rennen ein. “Ich weiß, die Reifenwahl zu ändern ist schwierig, aber für alle kommenden Rennen mit glattem Asphalt müssen wir einen Schritt weicher gehen, um Racing und Strategie zu helfen.”

Doch die alte Garde der Formel 1 sieht hier das größere Bild. “Ich erinnere mich an kein Rennen in der Vergangenheit, wo wir hier bei stabilem Wetter viele Überholmanöver gesehen haben”, meint Fernando Alonso. Er hat diese Geschichte schon oft genug gehört: “Wenn wir keinen Grip haben, klagen wir über fehlenden Grip. Wenn wir zu viele Stopps haben, dann klagen wir darüber, dass die Reifen nicht halten.”

Vonseiten Pirelli fühlte man sich mit Japan eigentlich bestätigt, die gesetzten Ziele der neuen Reifen-Konstruktion für 2025 erfüllt zu haben. Seit Jahren ist die grundsätzliche Vorgabe, einen Reifen zu bauen, der kontrolliert schnell verschleißt und damit strategische Unberechenbarkeit ermöglicht – zugleich soll er aber nicht überhitzen, wenn Autos hintereinander herfahren, und so Überholmanöver unterbinden.

Fernando Alonso hat genug gehört: Suzuka und Monaco bleiben toll!

Technisch gesehen ist das eine riesige Herausforderung. Die Reifen der letzten zwei Jahre schafften den Spagat nicht und waren permanent in der Kritik gestanden. In der Dirty Air überhitzten sie viel zu schnell. Und in kalten Bedingungen trat viel zu schnell Graining auf. Daher hatte man sie für 2025 modifiziert. In Japan war es kalt, aber niemand hatte Graining. Und McLaren konnte über 30 Runden lang ohne Probleme in der Dirty Air von Verstappen fahren.

Die große Langeweile ist in vielerlei Hinsicht den Umständen geschuldet. “Wir erzählen vor dem Wochenende stets, wie toll Suzuka ist, wie toll Monaco ist, Glamour, Spektakel”, sagt Alonso. “Dann wachen wir am Sonntag auf und sagen: Oh, Monaco ist langweilig, Suzuka ist langweilig, was tun wir jetzt?” In Monaco hat man aus Angst vor der Langeweile dieses Jahr bereits vor Wochen Pflicht-Stopps eingeführt, mehr dazu hier:

“Statt immer nur das Negative zu sehen versuche ich ein weiteres tolles Suzuka-Wochenende zu genießen”, reicht es Alonso mit dem Gejammer: “Das Adrenalin am Samstag ist gigantisch. Toll, dass wir hier fahren.” Auf dem harten Bahrain-Asphalt könnte sich in ein paar Tagen die Lage schon ganz anders darstellen.