Markus Steinrisser
Formel 1 Ressort
Seit 2018 im F1-Team. Der Mann fürs Textliche. Nichts ist schöner als Action auf- und abseits der Strecke, fusioniert zum großen Feature.MEHR

Bis jetzt läuft alles bei McLaren richtig gut. Zwei von drei Rennen der neuen Saison der Formel 1 gewonnen, Lando Norris Erster in der Fahrer-WM, Oscar Piastri Dritter. Doch die Schreckgespenster Strategie und Teamorder drängten sich beim Japan-GP wieder ins Rampenlicht. Teamchef Andrea Stella hat das vor Bahrain schon im Hinterkopf. Wann mehr Risiko gehen? Und ab wann einen Fahrer verärgern?
Beim dritten Saisonrennen in Japan scheute McLaren in beiden Fällen zurück vor Brandherden. Die Strategie wurde möglichst passiv ausgerichtet, um unter keinen Umständen die Plätze zwei und drei zu verlieren. Und am Ende wagte man keinen potenziell temporären Platztausch, um den das ganze Rennen hinter Norris hängenden Piastri die Chance zu geben, den letztendlichen Sieger Max Verstappen noch einmal zu attackieren.
McLaren bleibt dabei: Kein Risiko bei Formel-1-Strategie ist richtig
“Wie immer haben wir uns gut angesehen, wo mögliche Sieg-Chancen gewesen wären”, versichert Stella am Rande des Bahrain-Wochenendes. Auch bei McLaren sah man dabei – wie von Motorsport-Magazin.com in der Analyse dargelegt – rückblickend Lücken für einen potenziell aggressiven Undercut-Versuch mit Norris früh im Rennen gegen Verstappen.
“Das wäre nicht ohne signifikantes Risiko vonstattengegangen, da wir auf einer überholfeindlichen Strecke mit wenig Reifenabbau im Verkehr gelandet werden”, verteidigt Stella aber trotzdem den Ansatz, konservativ zu bleiben. “Ein normales Abwägen beim Managen von Renn-Strategie.”
“Ich denke, das Rennen hätten wir auch zu keinem anderen Zeitpunkt in der Saison anders angelegt, außer vielleicht wenn es das Saisonfinale wäre und die Weltmeisterschaft entschieden wird”, lautet Stellas Fazit. “Aber generell würde ich die großen Nachteile von aggressiven Strategien in so einem Fall hervorheben.”
McLaren-Teamorder immer ein Gesprächsthema
Früher schon könnte das Thema Teamorder dafür bei McLaren wieder heiß werden. Einfach, weil Norris und Piastri nach drei Wochenenden bisweilen den Eindruck hinterlassen, auf äußerst ähnlichem hohen Niveau zu agieren. Grundsätzlich gut, erinnert Stella: “Ich schaue mir noch oft die Telemetrie an, und ich sehe da zwei Fahrer, die sich gegenseitig antreiben und voneinander lernen.”
“Sie ergänzen sich fast perfekt, wo sie schnell und langsam sind”, beschreibt Stella. Etwa zuletzt in China, wo sich Piastri mit der Vorderachse als limitierenden Grip-Faktor besser zurechtfand. Im Laufe des Wochenendes spickte Norris wiederholt beim Teamkollegen, und lag er im Sprint noch recht weit zurück, so kam er bis zum Rennen deutlich näher und ermöglichte einen Doppelsieg.
“Langfristig ist dieser Vorteil dominant – das willst du in meinen Augen”, so Stella. “Aber es könnte episodisch Situationen geben, in denen einer der zwei etwas verärgert zurückgelassen wird, weil das Team aufgrund des Rennverlaufes eine Entscheidung treffen musste. Das ist uns sehr, sehr gut bewusst.”
McLaren-Teamchef sieht schwierige Teamorder-Entscheidungen kommen
“Intern sprechen wir nicht darüber, ob es passiert – wir sprechen darüber, wann es passiert, denn uns ist sehr gut bewusst, dass das ein schwieriges Geschäft ist”, erklärt Stella. “Wir als Team wissen es, und Lando und Oscar wissen es genauso.” Im Winter hat man auch aus den Hürden des Vorjahres gelernt und die teaminternen Regeln zusammen deutlicher ausgearbeitet.
Doch 2024 war noch immer ein ganz anderes Szenario als 2025, wo beide Fahrer ohne Frage im WM-Kampf sind. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch etwa die nicht ausgesprochene Teamorder in Japan zu sehen: Hätte Piastri nach der Teamorder Max Verstappen tatsächlich überholt und gewonnen, so hätte McLaren 7 Punkte mehr für die Team-WM geholt.
Aber in der Fahrer-WM hätte Piastri, anstatt 3 Zähler auf Norris zu verlieren, plötzlich 10 gewonnen. Obwohl Norris ihn auf der Strecke eigentlich fair besiegt hatte. Das sind die Abwägungen, auf die sich Stella jetzt im Sinne von Team-Interessen und Team-Harmonie Woche für Woche einstellen muss.
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