Markus Steinrisser
Formel 1 Ressort
Seit 2018 im F1-Team. Der Mann fürs Textliche. Nichts ist schöner als Action auf- und abseits der Strecke, fusioniert zum großen Feature.MEHR

Jetzt geht es Schlag auf Schlag für Arvid Lindblad. Nachdem Red Bull gerade erst per Ausnahme eine Superlizenz, sprich F1-Fahrerlaubnis, für seine 17-jährigen Nachwuchs-Hoffnung erwirkte, wird Lindblad in nicht einmal eineinhalb Wochen zum ersten Mal an einem Rennwochenende in einem Formel-1-Auto sitzen. Zwar nur für das 1. Freie Training, aber das Team will ihn schnellstens für alle Eventualitäten rüsten. Auch als Notnagel bei einer Verstappen-Sperre.
“Er ist am Montag in Italien einen halben Tag im Auto gesessen, um sich vorzubereiten”, bestätigt Red Bulls Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko gegenüber der ‘Kleinen Zeitung‘. Nach diesem Test in einem mindestens zwei Jahre alten Auto wird Lindblad nun erstmals an einem Rennwochenende ein aktuelles Auto bewegen: “Er wird auch im Freitags-Training von Silverstone im Auto sitzen.”
Das ist sowieso seit mehreren Jahren verpflichtend. 2025 gilt, dass jedes Team viermal in einem Freitags-Training einen Stammfahrer gegen einen Rookie (offiziell jemand mit maximal zwei GP-Starts) austauschen muss. Das soll es den durch die modernen Test-Verbote stark eingeschränkten Nachwuchs-Talenten ermöglichen, in aktuellem Material Erfahrung zu sammeln.
Lindblad eine Lösung für Red Bulls Fahrer-Dilemma bei Verstappen-Sperre
Das Primärziel von Red Bull ist kein unmittelbares Vollzeit-Cockpit von Lindblad, hält Marko fest: “Nein, wir bereiten uns vor, falls bei Max Verstappen hinsichtlich seiner Strafpunkte wirklich was passieren sollte.” Seit Spanien hat Verstappen 11 Strafpunkte und würde bei nur einem weiteren automatisch für ein Wochenende gesperrt. Zwar verfallen zwei Punkte nach dem Österreich-GP wieder, aber 9 Strafpunkte sind auch kein Grund zur Entspannung.
Verkompliziert wird die Lage dadurch, dass Red Bulls primärer Ersatzfahrer Ayumu Iwasa zugleich in der japanischen Super Formula am Start steht. Das bedeutet Terminkollisionen. “Für einige Rennen hatten wir sogar einen Deal mit einem anderen Team, einmal war ein Ersatzfahrer sogar für drei Teams vorgesehen”, verrät Marko. “Es ist nicht so leicht, jemanden zu finden, der in Schuss ist.”
Red Bulls Junior-Programm ist zwar gut gefüllt, aber die meisten sind nicht in einer Position, in der sie F1-fit wären oder die dafür nötige Superlizenz hätten. “Deshalb sitzt Lindblad jetzt im Auto”, so Marko. Der 17-jährige Brite fährt aktuell nur in der parallel zur F1 stattfindenden Formel 2, wäre also an jedem Wochenende verfügbar.
Arvid Lindblad nächster F1-Superstar von Red Bull?
Dass Red Bull für Lindblad sogar eine Ausnahmegenehmigung bei der FIA erwirkte, um ihm schon vor seinem 18. Geburtstag eine Superlizenz zu verschaffen, hat also lediglich pragmatische Gründe. Eine weitere Fahrer-Rochade plant das Team keine. Nach wie vor ist beabsichtigt, dass 2025 mit der Aufstellung Verstappen und Yuki Tsunoda im Hauptteam zu Ende geht, und dass Liam Lawson und Isack Hadjar bei den Racing Bulls bleiben.
Wie es 2026 dann aussehen wird, darüber macht sich Marko keinen Stress: “Nach der Sommerpause werden wir uns in Ruhe Gedanken machen. Auch bei Liam Lawson und Yuki Tsunoda haben wir Verträge, die wir von unserer Seite her auch langfristig verlängern können.”
Außer Frage steht, dass Lindblad Red Bulls heißeste Nachwuchs-Aktie ist. Erst 2022 wechselte er vom Kart- in den Formelsport. In seiner Rookie-Saison in der Formel 2 hat er bereits zwei Siege gefeiert und ist momentan Tabellendritter. Sollte Red Bull 2026 einen neuen Fahrer wollen, so ist Lindblad ganz klar erster Anwärter. Denkbar wäre etwa ein Szenario einer Hadjar-Beförderung, wodurch Lindblad in einen Racing Bull aufrücken würde.
“Aber die Formel 1 ist aktuell ein hartes Brot, ja”, muss Marko einräumen. “Es ist egal, wen man nimmt: Seit 2016, seit Max im Auto sitzt, ist über kurz oder lang jeder zweite Fahrer eingegangen, gescheitert, zerschellt an Max.” Ob die hochgelobten Senkrechtstarter Hadjar oder Lindblad auch im Red Bull liefern könnten, ist also eine ganz andere Geschichte.
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