Motorsport-Deutschland trauert seit Sonntagabend. Der Tod von Jochen Mass sorgte für viel Erschütterung nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch darüber hinaus und vor allem in der Formel-1– und Motorsportwelt. Sogar F1-Chef Stefano Domenicali nahm sich am Rennsonntag die Zeit, dem ehemaligen F1-Fahrer zu gedenken.

Heiko Wasser war einer der Weggefährten, die Mass durch eine Zeit seines ereignisreichen Lebens begleitet haben. Er lernte Mass 1992 bei RTL kennen, als der Ex-Pilot noch mit Willi Knupp kommentiert hatte. Ab 1993 begleiteten sie gemeinsam mehrere Jahre lang das Geschehen der Königsklasse im TV.

Unfassbar viel Formel-1-Ahnung, immer locker: Das war Jochen Mass

Wasser erinnert sich gegenüber Motorsport-Magazin.com gerne an diese Zeit zurück. “Jochen und ich waren dann eben das Team, das heute Heiko und Christian [Danner] sind. Wir haben eine Menge Spaß gehabt und ich habe schnell gemerkt, dass Jochen unfassbar viel Ahnung von dem Sport hat.”

Eines der prägendsten Merkmale, das Wasser von Mass in Erinnerung geblieben ist, ist dessen Lockerheit. “Jochen war da manchmal wirklich sehr laissez faire aber er war ein ganz toller Mensch”, so Wasser. Das fiel ihm schon bei seiner ersten Begegnungen mit ihm auf, als der spätere TV-Kommentator noch als Assistent dabei war. “Alles lief prima. Bis kurz vor Ende des Rennens Jochen plötzlich sagte: ‘Ich muss weg.’ Da ist Jochen Mass nämlich zu einer Prüfung gereist, weil er den Pilotenschein gemacht hat, und konnte deshalb das Rennen nicht bis zum Ende kommentieren.”

Der Matrose und die Formel 1: Heiko Wasser erzählt von Mass

Ein erstes Indiz, das sich später bestätigen sollte: “Ich habe natürlich viel Zeit mit ihm auf Reisen und auf Flügen verbracht. Da hat man dann schon manchmal gemerkt, dass Jochen alles ein bisschen locker sieht.” Diese Lockerheit hatte er schon als Formel-1-Pilot, wie Wasser von dem begnadeten Geschichtenerzähler, der ursprünglich eine Ausbildung zum Matrosen gemacht hatte, erfuhr.

“Teilweise war es so: Wenn das Rennen vorbei war, hat er seine Tasche gepackt, hat seinen verschwitzten Overall in die Tasche gepackt, ging auf sein Boot und kam dann zum nächsten Rennen zurück und machte die Tasche wieder auf. Die Mechaniker sind erst einmal in Ohnmacht gefallen, weil dieser angeschwitzte Overall ein bisschen gerochen hat. Aber das fand Jochen auch völlig in Ordnung.”

Oder eine Anekdote aus Monaco: “Dort war ja früher die Boxengasse noch ganz eng, das waren so improvisierte kleine Gänge und oben drüber war ein Gitter, auf dem die VIP-Gäste stehen konnten. Da hat er dann irgendwann jemanden entdeckt, den er spannend fand – oder besser gesagt, die er spannend fand. Er hat sein Auto abgestellt, hat den Mechanikern gesagt, dass sie einige Dinge überprüfen müssen, ist dann hochgeklettert und hat sich mit der jungen Dame, die da oben stand, zum Abendessen verabredet.”

Ex-F1-Sieger Jochen Mass
Jochen Mass ist eine Ikone des deutschen Motorsports, Foto: Porsche

“Jochen war immer für eine Überraschung gut und für eine Geschichte, mit der man überhaupt nicht rechnen konnte”, erinnert sich Wasser. Aber auch aus erster Hand hat er viele Geschichten über Mass und dessen Unbekümmertheit auf Lager. Vor einem Double-Header bestehend aus Japan und Australien beispielsweise unterhielten sich Kai Ebel und Heiko Wasser über das komplizierte Australien-Visum. “Dann sagte Jochen: ‘Wie Visum? Man bracht kein Visum für Australien’.”

Am folgenden Donnerstag war Mass dann auf dem Weg zur Rennstrecke nicht mehr anzutreffen. Denn er saß in einem Zug nach Osaka, um dort beim deutschen Konsulat eiligst doch noch ein Visum für Australien zu organisieren. Ohne kommt man nämlich Down Under tatsächlich nicht ins Land.

Oder als er einmal den Qualifying-Beginn vergessen hatte, wie Wasser erzählt: “Irgendwann saß ich ganz alleine in der Sprecherkabine und Jochen war noch nicht da. Da hatte er vergessen, dass das Qualifying anfing und kam dann schwer atmend in unsere Kabine. Ich war natürlich ein bisschen sauer und habe ihm dann wenig Zeit zum Luft holen gegeben, sondern ihn gleich mit einer Frage mitten ins Geschehen geholt. So kleine Frotzeleien mussten sein”, lacht Wasser.

Übel nehmen konnte er dem einstigen Le-Mans-Sieger seine lebhafte und unbekümmerte Art aber nie lange, stattdessen bleibt er Wasser in guter Erinnerung. Heiko Wasser verabschiedete sich bei uns mit Worten, die nicht an uns, sondern an Jochen Mass persönlich adressiert sind: “Das war Jochen. Ruhe in Frieden alter Freund. Alles Gute und erzähl’ den Leuten da oben auf der Wolke die ganzen tollen Geschichten, die du mir erzählt hast.”