Max Piehler
Formel 1 Ressort
Max hat weder die Schumacher-Zeit im Ferrari erlebt, noch Vettels Red-Bull-Zeit tiefgründig verfolgen können. Trotzdem wurde die Formel 1 früh seine Lieblings-Rennserie.MEHR
Im vorletzten Formel-1-Rennen 2024 kam es gleich zu zwei Reifenschäden. Auf dem Lusail International Circuit in Katar verlor der linke Vorderreifen sowohl bei Lewis Hamilton im Mercedes als auch bei Ferrari-Pilot Carlos Sainz fast zeitgleich schlagartig Luft. Auf den ersten Blick sah es so aus, als hätten Trümmerteile zu den Reifenschäden geführt. Kurz zuvor fuhr Valtteri Bottas über einen auf der Strecke liegenden Seitenspiegel, scharfkantige Karbonsplitter lagen daraufhin auf der Start- und Zielgeraden verteilt.
“Es ist klar, dass der Druckverlust bei beiden Autos von Hamilton und Sainz bereits vor den Trümmerteilen auftrat”, sagt Mario Isola, Motorsportchef bei F1-Reifenhersteller Pirelli. Tatsächlich war auch auf den Onboard-Aufnahmen zu sehen, dass der Reifenschaden bei beiden Piloten bereits vor dem Durchfahren der Trümmerteile auftrat.
Wenn keine scharfkantigen Teile die Schäden verursacht haben: Wieso haben die Fahrer nicht durch einen Performance-Abfall gemerkt, wie stark ihre Pneus bereits abgenutzt waren?
Mit dem sogenannten “Cliff” ist ein starker Leistungsabfall der Reifen gemeint, der ab einem hohen Verschleißgrad eintritt. Der Reifen bietet deutlich weniger Grip und die Rundenzeiten verschlechtern sich drastisch. Wenn es den Cliff nicht gibt und die Rundenzeiten auf gutem Niveau stabil bleiben, fahren die Piloten bis zur vollständigen Abnutzung des Reifens – bis er an Luft verliert.
Herausforderung: Unterschiedliche Abnutzungsprofile der F1-Boliden
Pirelli würde bei den Formel-1-Reifen gerne für einen Performance-Cliff sorgen. Das ist mit einem sogenannten Unterprofil möglich. “Das ist eine Mischung, die sich direkt unter der Laufflächenmischung befindet”, erklärt Isola. Allerdings ist diese Schicht zwischen Konstruktion und Lauffläche nach Informationen von Motorsport-Magazin.com bei Pirelli sehr dünn, weshalb es nicht zum gewünschten Effekt kommt.
Allerdings ist die Sachlage komplexer, wie Isola begründet: “Das Problem ist, dass das Abnutzungsprofil nicht völlig flach ist. Die Abnutzung hängt von der Konstruktion des Autos, der Strecke, dem Sturz und der Einstellung der Aufhängung ab.” Somit nutzt sich die Lauffläche nicht gleichmäßig ab. Unterschiede gibt es auch zwischen verschiedenen Rennwagen.
Durch die unterschiedlich starke Beanspruchung der Reifenoberfläche fahren die Piloten in manchen Bereichen bereits auf dem Unterprofil und profitieren an weniger abgenutzten Stellen noch von der eigentlichen Mischung. Weil das Unterprofil im Fall von Pirelli so dünn ist, bietet es keinen großen Schutz mehr für die Karkasse.
Auf diese Weise können Reifenschäden wie bei Hamilton und Sainz entstehen. Beide fahren zwar noch konkurrenzfähige Rundenzeiten, sind mit ihren Pneus allerdings am Limit und sogar darüber hinaus. Für Mario Isola sind solche Extremfälle nur bei einem Szenario zu verhindern, das allerdings aufgrund der Unterschiedlichkeit der Autos nahezu nur theoretisch auftreten kann: “Bei perfekt flachem Verschleißprofil lösen wir das Problem. Das Unterprofil wird gleichzeitig freigelegt, man verliert den Grip und hat den Cliff. Aber so ist es nicht. Und das nicht nur in der Formel 1.”
In Katar gab es schon 2023 Reifenprobleme. Damals war das Problem noch ein anderes. Bei Analysen nach Longruns fiel den Reifentechnikern unter dem Mikroskop auf, dass sich der Gummi von der Karkasse zu lösen schien. Der Reifenhersteller machte die hohen Belastungen bei schneller Fahrt über die Kerbs als Ursache aus. Als kurzfristige Reaktion mussten die Piloten im Rennen mindestens dreimal verpflichtend zum Reifenwechsel kommen. Für 2024 wurde bei den Randsteinen nachgebessert.
Wenn auch nicht in Bezug auf den Cliff, wird es 2025 dennoch Änderungen bei den Formel-1-Reifen geben. Pirelli möchte für ausgewählte Rennstrecken eine neue weichste Reifenmischung C6 zur Verfügung stellen. Auch im sportlichen Reglement gibt es Neuigkeiten: In diesem Formel-1-Jahr werden weniger Punkte vergeben. Warum, erklärt euch Christian im folgenden Video:
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