Von Platz 15 auf Platz 4 vorgefahren, drei Punkte in der Fahrer-WM auf Max Verstappen gutgemacht, dem Teamkollegen zum Sieg verholfen, mit dem Team in der Konstrukteurs-WM die Führung übernommen – klingt alles schön und gut für Lando Norris. Aber das Rennen in Baku lässt den Frust bei ihm schnell ansteigen. Weil so viel mehr möglich war.

Schon am Samstag hatte sich McLaren über die Entscheidungen rund um gelbe Flaggen im ersten Segment des Qualifyings echauffiert. Norris war im Highspeed-Geschlängel vor der Zielgeraden in eine Gelb-Zone geraten, weil dort der beschädigte Alpine von Esteban Ocon dahinschlich. Das Problem: Ocon war schon eine halbe Runde lang mit Schaden langsam unterwegs. An keinem anderen Punkt wurden auf seinem Weg zurück an die Box gelbe Flaggen gezeigt. Die Details gibt es hier:

Nur deswegen war Norris in Q1 hängengeblieben und musste im Rennen eine Aufholjagd starten. Am Samstag hatte er sich zurückgehalten, sein Teamchef Andrea Stella hatte im Frust Gespräche mit der FIA gefordert. “Gewissermaßen war ich frustrierter als er es war”, blickt Stella am Sonntag zurück. “Er meinte nur, sowas passiert eben.” Am Sonntagnachmittag nach dem Rennen haben sich für Norris aber die Umstände geändert.

Denn der McLaren war im Renn-Trimm bockstark. Norris hatte sogar von P15 kommend den neun Plätze vor ihm gestarteten Max Verstappen abfangen können, während Teamkollege Oscar Piastri den Sieg einfuhr. “Ich weiß, ich wurde Vierter, und das ist nicht schlecht, aber es hätte besser sein können, und Oscar hat gezeigt, was heute möglich war”, klagt Norris nach dem Rennen.

Lando Norris: Unfaire Flaggen haben mir viel Boden in der WM gekostet

So geht es unweigerlich zurück zum Samstag – und nun findet Norris um einiges stärkere Worte: “Nein, es war nicht fair. Du musst kein Wissenschaftler sein, um das festzustellen. Es liegt nicht an mir zu entscheiden, aber es war unfair, und hat mein komplettes Wochenende ruiniert.”

“Die ganze Runde lang war da kein Gelb, und sie haben das Gelb in dem Moment ausgelöst, in dem ich vorbeikomme”, so Norris. Wie schon am Vortag schreckt er nicht davor zurück, zuzugeben, dass er schon eine Kurve davor einen Fahrfehler machte. Aber dass er selbst mit diesem Fehler den Aufstieg in Q2 geschafft hätte.

“Das hatte ich nicht unter Kontrolle, und es war unfair, es hat mir einiges an Punkten in der WM heute gekostet und mein Wochenende ruiniert”, lautet Norris’ Fazit. “Das ist enttäuschend, erst recht, wenn das Auto so gut ist. Ich bin eben der Typ, der darüber nachdenkt, was sein hätte können, und nicht was wir notwendigerweise erreicht haben.”

Piastri-Sensation! Haben Leclerc & Ferrari den Sieg verschenkt? (16:27 Min.)

McLaren spricht bei FIA vor: Das ist die Erklärung für Flaggen-Ärger

Stella hatte den Fall in der Zwischenzeit auch bei der FIA-Rennleitung vorgetragen. Ocon war für den Großteil der Runde mit weißen Flaggen behandelt worden – dem Warnsignal für ein langsames Fahrzeug. Diese verpflichten, anders als gelbe Flaggen, nicht zum Verlangsamen. “Unser Verständnis ist, dass der Streckenposten vor Ort wegen dem Geschwindigkeits-Unterschied der beiden Autos auf Gelb entschied”, gibt Stella das FIA-Feedback weiter.

“Hier geht es um die Interpretation, was sicher ist und was nicht”, so Stella, der sich bemüht hervorzuheben: “Wir haben nie die FIA kritisiert. Wir waren konstruktiv und meinten, vielleicht sollten wir zusammen mit den Fahrern beurteilen, ob es Gelb oder Weiß sein sollte, denn letztendlich ist das keine mathematische Frage, sondern eine der Gefahrenwahrnehmung.”

“Die Konversation hat stattgefunden, sie war konstruktiv”, beendet Stella die Episode mit einem halbwegs positiven Unterton. “Uns kam teuer zu stehen, dass da Gelb war, und wir werden in Zukunft weiter analysieren, ob in diesem Fall eine der beiden Flaggen angebracht war.” Während bei WM-Rivale Verstappen Frust über das Rennen vorherrscht – wie er trotz viel besserer Startposition gegen Norris verlieren konnte, gibt es hier: