Seit fast fünf Jahren wartet Mick Schumacher (26) auf einen Rennsieg. Damals, am 26. September 2020, jubelte er nach einem Formel-2-Triumph in Sotschi. Jetzt könnte der Sohn von Formel-1-Legende Michael Schumacher (56) ausgerechnet bei den legendären 24 Stunden von Le Mans zurück nach ganz oben fahren – im wohl härtesten Rennen der Welt.

Mit seinem 680 PS starken Alpine A424 – einem Hybrid-Prototyp mit 3,4-Liter-V6-Turbo – mischt Schumacher 2024 in der Langstrecken-WM überraschend weit vorn mit. Zwei Podestplätze in drei Rennen, dazu starke Führungsrunden in Spa – der Knoten scheint geplatzt. Ohne einen schleichenden Plattfuß hinten rechts hätte er sogar gewinnen können. „Das hat uns 23 Sekunden gekostet“, rechnet Teamchef Philippe Sinault vor. Am Ende fehlten nur fünf Sekunden auf Ferrari.

Schumacher im Alpine konkurrenzfähig

Mick Schumacher hat im A424 (ca. 680 PS, 3,4-Liter-V6-Turbo-Hybrid) Siegchancen.

Bild: Joao Filipe / DPPI / Alpine

Sukzessive arbeitet sich Alpine nach vorn in der hart umkämpften Topklasse. In Le Mans sind 21 Hypercars von acht Herstellern gemeldet – neben Alpine auch Porsche, BMW, Toyota, Ferrari, Peugeot, Cadillac und Aston Martin. Schumacher fährt mit zwei neuen Teamkollegen: Jules Gounon (Sohn von Ex-F1-Pilot Jean-Marc Gounon) und Frédéric Makowiecki, ehemaliger Porsche-Werksfahrer. Gemeinsam wollen sie Geschichte schreiben: Mick könnte als 19. Deutscher überhaupt Le Mans gewinnen.

31 Siege haben deutsche Piloten beim Langstreckenrennen bisher geholt, die meisten davon Frank Biela (5). Der letzte deutsche Erfolg stammt von Timo Bernhard im Porsche 919 Hybrid aus 2017.

Doch der Name Schumacher allein garantiert nichts, und vor allem Pascal Wehrlein (30) hat etwas gegen einen Sieg von Mick. Der Formel-E-Champion gibt für Porsche sein Le-Mans-Debüt. Aber: „Uns fehlt derzeit die Pace“, gibt Porsches LMDh-Projektleiter Urs Kuratle zu. Die Balance of Performance, also jene Leistungsangleichung, die alle Hersteller auf ein Level bringen soll, wirkt sich für den Porsche 963 (4,6-Liter-V8-Biturbo-Hybrid) derzeit nachteilig aus, heißt es aus Zuffenhausen. Besonders das hohe Fahrzeuggewicht von 1037 Kilogramm erhöht den Reifenverschleiß. Über einen achten Platz kam Porsche in dieser WM-Saison deshalb noch nicht hinaus.

Wehrlein pendelt zwischen Formel E und Langstrecke

Pascal Wehrlein steuert den dritten 963 (ca. 680 PS, 4,6-Liter-V8-Biturbo-Hybrid).

Bild: Porsche

Auch Wehrlein selbst muss improvisieren: Als Gaststarter pendelt er zwischen Formel E und Langstrecke. In Spa verpasste er sogar ein Training wegen Formel-E-Tests im Simulator. „Die Umstellung zwischen den beiden technisch hochkomplexen Fahrzeugen ist nicht einfach“, weiß Kuratle. Wehrlein ergänzt: „Sitzposition, Setup, Strategie und so weiter – in der Formel E spitze ich das voll auf mich zu. In Le Mans muss ich Kompromisse mit meinen beiden Teamkollegen finden.“ Immerhin: Einer davon, Nick Tandy, hat Le Mans 2015 bereits gewonnen. Der andere ist Ex-F1-Pilot Felipe Nasr.

Auch René Rast (38) fährt in der Topklasse – im BMW M Hybrid V8. Der dreimalige DTM-Champion geht allerdings nur mit Außenseiterchancen ins Rennen.

René Rast geht im BMW M Hybrid V8 an den Start (ca. 680 PS, 4-Liter-V8-Biturbo-Hybrid).

Bild: Julian Kroehl / BMW

Schumacher bleibt der große Hoffnungsträger unter den deutschen Fahrern. Ein Sieg wäre nicht nur historisch – er könnte auch seine Bewerbung für ein Comeback in der Formel 1 beflügeln. 2026 will Cadillac in die Königsklasse einsteigen – und Schumi jr. kämpft um genau dieses Cockpit. Ein Triumph an der Sarthe wäre das perfekte Empfehlungsschreiben.