Moritz Wimmer
Formel 1 Ressort
Leidenschaftlicher Motorsportenthusiast mit einer Schwäche für verschachtelte Sätze und einer (angeblichen) optischen Nähe zu Charles Leclerc.MEHR
Es ist Sommerpause in der Formel-1-Saison 2024. Für den einstigen Dauergewinner Red Bull stellt diese seit Jahren mal wieder eine Norm dar. Seit der Regelrevolution im Jahr 2022 war die Lücke zwischen den Bullen und dem Verfolgerfeld nicht mehr so eng, wie in diesem Jahr. Konnte der Brausehersteller 2023 zur Sommerpause noch jedes Rennen gewinnen, standen 2024 bereits sieben unterschiedliche Fahrer ganz oben auf dem Podest. Ein wesentlicher Grund für die neue Spannung im F1-Titelkampf: Das Updaterennen, welches Red Bull in diesem Jahr nicht mehr für sich entscheiden kann, wie ein Rückblick auf die Hinrunde offenbart.
Bis zur Sommerpause hat Red Bull insgesamt 31 Updates an ihrem Boliden angebracht – die zweitmeisten der gesamten Formel 1. Nur Aston Martin lieferte mit 36 Updates mehr. Das erste Update ließ allerdings bis Suzuka auf sich warten. In Japan reiste Red Bull mit veränderten und zusätzlichen Lufteinlässen in den Seitenkästen, sowie einem überarbeiteten Unterboden an.
Die Veränderungen zementierten zunächst Red Bulls Status als weiterhin unangefochtene Stallherren. Mit einem souveränen Doppelsieg verließen die Bullen die Traditionsrennstrecke in Suzuka. Verstappen, der zwölf Sekunden vor Sergio Perez ins Ziel kam, nahm dem ersten Verfolger Carlos Sainz im Rennen beinahe vier Zehntel pro Runde ab. Im darauffolgenden Großen Preis von China dann ein ähnliches Bild. Verstappen siegte ungefährdet 13 Sekunden vor Lando Norris das Rennen, nachdem er am Vortag den Sprint bereits für sich entscheiden konnte.
Wendepunkt Miami: McLaren nach Mega-Update plötzlich vorne
Doch in Miami wendete sich das Blatt urplötzlich. Schuld daran war allerdings nicht Red Bull selbst, sondern McLaren, die in Florida fast ihr komplettes Formel-1-Auto umbauten. Red Bull hingegen reiste ohne Upgrades zum ersten US-Rennen der Saison. Die Folge war der erste McLaren-Sieg der Saison und der erste in der Karriere des Lando Norris. Ein für Norris perfekt getimtes Safety Car spülte ihn an die Spitze und endete in einem Vorsprung von 7,612 Sekunden vor Verstappen. Die Konkurrenz musste anerkennen: Auch ohne Safety Car waren die McLaren die schnellsten auf der Strecke. Bei Red Bull läuteten die ersten Alarmglocken.
Frische Upgrades im darauffolgenden Rennen in Imola sollten helfen. Neue Frontflügelendplatten, eine überarbeitete Nase und Veränderungen am Unterboden sollten die alte Hackordnung wiederherstellen. McLaren lieferte nach dem Miami-Mega-Update erstmal keine neuen Teile, genauer gesagt für vier Rennwochenenden nicht.
Doch die Dominanz der vergangenen Tage kehrte auch in Imola nicht zurück. Verstappen und Red Bull mussten wieder richtig für ihre Erfolge ackern. Die Pole sicherte sich der Niederländer hauchdünn mit 74 Tausendstel Vorsprung vor den weiterhin bärenstarken McLaren. Im Rennen verschenkten die Papaya-Organgenen den Sieg, Verstappen gewann gerade so mit sieben Zehntel Vorsprung vor Lando Norris.
Der Trend setzte sich fort. Aus den nächsten acht Rennen bis zur Sommerpause konnte Verstappen nur zwei Stück gewinnen, trotz weiterer Updates in Kanada, Barcelona und Silverstone. McLaren war immer mindestens auf Augenhöhe, obwohl diese lediglich in Spielberg neue Teile brachten. Kurz vor der Sommerpause schaffte auch Mercedes wieder den Durchbruch zurück an die Spitze. Die Formel 1 hatte endgültig auf Red Bull aufgeholt. Dass Verstappen seinen Vorsprung in der WM weiter ausbauen konnte, lag viel mehr an der Klasse des dreifachen Weltmeisters und nicht an seinem Arbeitsgerät.
Ungarn-Update: Verstappens große Hoffnung scheitert
In Ungarn holte dann Red Bull seinerseits mit einem großen Update zum Gegenschlag aus. Eine neu gestaltete Verkleidung rund um Seitenkasten und Motorabdeckung, die sich streckenspezifisch wieder zurückbauen lässt – je nach Abtriebsanforderungen der Strecke. Eine Idee, die keins der anderen Formel-1-Teams umsetzen konnte. Auch der Frontflügel wurde komplett überarbeitet. Verstappen versprach sich laut Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko rund zwei Zehntel von dem Ungarn-Update, um der McLaren-Schlinge wieder zu enteilen.
Doch diese stampften die Hoffnungen des Weltmeisters in den Boden. Lando Norris und Oscar Piastri starteten das Rennen aus der ersten Startreihe und konnten ihren ersten Doppelsieg seit Monza 2021 feiern. Für Verstappen hingegen entwickelte sich die große Hoffnung in die wohl größte Niederlage. Nach einer Fehde mit seinem Team und einer Kollision beendete der Weltmeister das Rennen auf dem fünften Platz – mehr als zwanzig Sekunden hinter Oscar Piastri.
Der Saisonverlauf bis zur Sommerpause zeigt: Red Bull scheint mit den Updates für den RB20 an eine Grenze gestoßen zu sein. Schlechte Nachrichten in Anbetracht der bereits angekündigten Upgrade-Offensive von McLaren. Sollte das Team rund um Lando Norris, Oscar Piastri und Andrea Stella mit den nächsten Verbesserungen ähnliche Erfolge erzielen können, könnten dem Dauerweltmeister noch weitere harte Monate bevorstehen, sollte McLaren seine Chancen effizienter nutzen als bisher.
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