Es ist Saubers größte Baustelle in der Formel-1-Saison 2024: die Boxenstopps. Große Zeitverluste musste das Team aus Hinwil bei den ersten Saisonrennen wegen der langen Standzeit an der Garage in Kauf nehmen. Valtteri Bottas und Guanyu Zhou kostete dies mehrfach die Chance auf kostbare WM-Punkte – obwohl das Potenzial vom Fahrzeug aus dafür durchaus gegeben war. Verantwortlich für die Misere sind Veränderungen am Boxenstopp-Equipment sowie neu entwickelte Radnaben und Radmuttern. Eigentlich sollten diese die Boxenstopp-Zeit verbessern, doch das genaue Gegenteil trat ein.

Schlechte Zeiten an der Box für Sauber

Bei den Reifenwechseln in den ersten Rennen verkantete die Mutter wiederholt beim Aufschrauben auf die Nabe. 52 Sekunden stand Bottas in Bahrain beim Stopp, 29 Sekunden Zhou in Saudi-Arabien, dann wieder Bottas 31 Sekunden und Zhou 20 Sekunden in Australien. Wenn die Pit Stops des Sauber-Teams nicht gerade ein Totalausfall sind, dann sind sie mit durchschnittlich vier Sekunden immer noch die langsamsten von allen. Für den Kampf im engen Verfolgerfeld ist das natürlich eine Katastrophe.

Performancemäßig wäre der Schweizer Rennstall eigentlich bei der Musik und könnte mit den Racing Bulls und Haas mindestens auf Augenhöhe fahren. Updates an Frontflügel und Unterboden verbesserten das Handling des C44 erheblich. Sowohl im Qualifying als auch im Rennen zeigten beide Sauber-Fahrer zuletzt eine gute Pace. Insbesondere Bottas freute sich nach dem Großen Preis von China: “Es sieht so aus, als hätte sich unsere Pace stark verbessert.” Nun müssen nur noch die Boxenstopps klappen.

Schon nach den Fiaskos in Bahrain und Saudi-Arabien wurden Modifikationen an den Problemteilen vorgenommen. Aber nach der erneuten Pleite in Australien wurde klar: Für das hartnäckige Problem reichen die provisorischen Lösungen des Teams aus Hinwil nicht aus. Erst für Imola ist eine endgültige Lösung, die das Problem in den Griff bekommen soll, geplant.

Pirelli-Test bringt Lichtblick bei der Boxenstopp-Performance in China

Auf der Suche nach Maßnahmen, die Abhilfe bei den Boxenstopp-Pannen schaffen, kam Sauber der Pirelli-Test, den sie nach dem Großen Preis von Japan durchführten, gerade recht. “Für uns war das auch eine Gelegenheit, Boxenstopp-Übungen durchzuführen. Wir haben einige zusätzliche Maßnahmen gefunden, die wir ab diesem Wochenende anwenden können”, kündigte Team-Repräsentant Alessandro Alunni Bravi im Vorfeld des China Grand Prix an.

Valtteri Bottas beim Pirelli-Reifentest in Suzuka 2024
Auch für Sauber-Boxenstopp-Übungen blieben beim Pirelli-Test vor zwei Wochen Zeit, Foto: Pirelli

Vorrangig ging es bei den Tests nicht um eine größere Schnelligkeit der Stopps, sondern im ersten Schritt konzentrierte sich Sauber auf eine verbesserte Konstanz: “Konstanz ist unser Ziel. Wir haben hier [China; Anm. d. Red.] andere Minderungsmaßnahmen, die es uns ermöglichen sollten, konstanter zu sein. Und dann ist es natürlich auch das Ziel, die Boxenstoppzeit zu reduzieren. Aber das Hauptziel ist, keine Schwierigkeiten zu haben”, so Bravi.

Gleichwohl Testfahrten strengen Restriktionen unterliegen, da die Teams daraus keine Vorteile für die Abstimmungsarbeit oder Fahrzeugentwicklung ziehen können sollen, konnte Sauber für sich aus dem Pirelli-Test einen Erfahrungsgewinn für die Boxenstopps erzielen, den sie in Shanghai sogleich umsetzten. Mit drei von vier Stopps, die unter 3,3 Sekunden lang waren, konnten sie ihre Pit-Stop-Performance optimieren und zu den anderen Teams aufschließen. In dieser Hinsicht wurde das für China ausgegebene Ziel also erfüllt.

Bereits in Japan konnte man eine signifikante Reduzierung der durchschnittlichen Standzeit von Zhou und Bottas im Vergleich zu den ersten drei Rennen erkennen. In China setzte Sauber noch einen drauf:

Sauber hat noch Luft nach oben

Lediglich einen negativen Ausreißer gab es bei den Sauber-Boxenstopps am vergangenen Wochenende, der mit knapp über fünf Sekunden aber immer noch im einstelligen Bereich lag. In einer ganz anderen Liga spielt übrigens das andere Ende der Boxengasse. Denn während in Runde 23 Sauber allein für den Reifenwechsel an Zhous Auto 5,37 Sekunden benötigte, gelang Red Bull in derselben Runde mit Verstappen und Perez ein Double Stack in 3,95 Sekunden.

Um in puncto Boxenstopp-Performance zu den ganz Schnellen zu gehören, muss das zukünftige Audi-Werksteam also noch nachlegen. Für den Moment scheinen aber zumindest die großen Debakel mit zweistelligen Standzeiten – auch dank des Extra-Trainings beim Pirelli-Test – ausgestanden zu sein. Für den ersten WM-Punkt hat es in China dennoch nicht gereicht. Auf einem aussichtsreichen elften Platz schied Bottas in Runde 20 mit einem Motorschaden aus. Eine Top-10-Platzierung wäre der Pace nach möglich gewesen.