Lando Norris gegen Max Verstappen: Die Kollision der beiden Formel-1-Piloten hält die Königsklasse auch Tage später noch in Atem. Und das nicht nur aufgrund der Kontroverse rund um den Kontakt selbst, der George Russell und Mercedes den Weg zum ersten Formel-1-Sieg seit November 2022 ebnete, sondern auch, weil Verstappen und Norris aktuell die beiden ärgsten Konkurrenten um den Weltmeistertitel sind.

Während Verstappen die Fahrer-WM mit 237 Punkten anführt, belegt Norris mit 156 Zählern den zweiten Rang. Ein beträchtlicher Rückstand, der am Spielberg-Wochenende noch einmal um zwölf Punkte angewachsen ist. Dennoch wirkt ein möglicher WM-Kampf in dieser Saison angesichts der zuletzt starken Performances von McLaren zumindest nicht gänzlich abwegig. Aber wäre Norris im Fall der Fälle auch fahrerisch in der Lage, es in einem WM-Kampf mit Verstappen aufzunehmen?

Danner: Norris genauso schuld am Crash wie Verstappen! (30:00 Min.)

Danner: Gut, das sich Norris an die eigene Nase fasst

Zumindest Lando Norris selbst wirkte in den vergangenen Wochen nicht immer zufrieden mit seinen eigenen Leistungen – so auch in Österreich. Während Norris am Sonntag in Spielberg seinen Ärger gen Verstappen richtete, geißelte sich der 24-Jährige nach seinem verlorenen Duell mit dem Red-Bull-Piloten im Sprint am Samstag wie schon zuvor in dieser Saison selbst. Richtig so, meint Christian Danner in der neuesten Ausgabe des ‘AvD Motorsport-Magazins’: “Er ist nicht zu hart mit sich selbst ins Gericht gegangen. Das hat er schon richtig erkannt.”

Diese Reflektion über das eigene Zweikampfverhalten sei Danner zufolge auch nötig, da sich Zweikämpfe zweier Piloten mit ähnlich performanten Autos schwieriger gestalten würden, als solche zweier Autos mit größeren Performance-Unterschieden. “Wenn an der absoluten Spitze des Eisbergs nun zwei gleichwertige Autos und zwei gleichwertige Piloten zusammenkommen, dann ist es sehr gut von Norris, sich da an die eigene Nase zu fassen und zu überlegen: ‘Mensch, was bin ich für ein Idiot, mich da so abstauben zu lassen. Das gibt es ja gar nicht'”, meint Danner.

Doch auch das Duell im Grand Prix handhabte Norris in Danners Augen nicht ideal. Anders als die Stewards sah der langjährige RTL-Kommentator bei der Kollision zwischen dem McLaren-Piloten und Verstappen die Schuld nicht klar beim amtierenden Weltmeister und hatte auch kritische Worte für Norris übrig. Danners Meinung zur rennentscheidenden Szene des Österreich-GP könnt Ihr hier nachlesen:

Danner: Zweikampfverhalten das bisschen Extra in der Formel 1

Deswegen bilanziert Danner über Norris’ Zweikampfverhalten: “Also das ist der letzte Bereich, in dem Lando Norris dann noch dazulernen muss.” Dabei hebt der ehemalige Formel-1-Pilot anerkennend hervor: “Zumindest nach dem Sprint war er in der Lage, das zu analysieren. Und jetzt ein bisschen später nach dem Rennen, mit ein bisschen mehr Zeit zwischen Rennen und Nachdenken, ist er auch, was die Rennanalyse angeht, zu dem Schluss gekommen.”

Dass Norris in diesem Bereich noch dazulernt, ist für Danner auch dringend nötig. Denn genau jenes abgeklärte Zweikampfverhalten, wie er es etwa Fernando Alonso, Michael Schumacher, Ayrton Senna, Alain Prost oder auch Mika Häkkinen attestiert, sieht der 66-Jährige als einen Schlüssel zum ganz großen Erfolg in der Formel 1 an.

Crash zwischen Lando Norris (McLaren) und Max Verstappen (Red Bull)
Lando Norris und Max Verstappen lieferten sich in Spielberg ein hartes Duell, Foto: LAT Images

“Das waren alles ganz große Fahrer, die auch in diesen Momenten dann ein probates Mittel gefunden haben, gegeneinander zu fahren, beziehungsweise einander zu überholen oder nicht überholen zu können”, analysiert Danner. “Und das ist so das bisschen Extra, was man als Formel-1-Fahrer, die Wenigsten kommen so weit nach oben, noch lernen muss. Und das hat der Lando Norris bereits begriffen.”

Danner: Norris hat Eindruck bei Verstappen hinterlassen

Gleichzeitig mahnt Danner beim Lernprozess Norris’ zur Geduld. Ein Zweikampfverhalten auf diesem Niveau könne nur im Duell mit Fahrern auf dem Kaliber eines Max Verstappen gelernt werden. Dennoch glaubt Danner, dass Norris mit seinen teilweise aggressiven Manövern am Red Bull Ring bereits etwas Eindruck bei Verstappen schinden konnte: “Ein Exempel zu statuieren – ‘mit mir nicht, mein lieber Freund’ – ist etwas, dass man für voll genommen wird. Das ist etwas ganz, ganz schwieriges. Und ich glaube schon, dass Lando das gegenüber Max gelungen ist, auch wenn es im Ergebnis nicht so prickelnd war.”

“‘Aber hallo, Achtung, jetzt gibt es mich, ich bin da und kann auch dich überholen’: Das ist etwas, womit man einem Max Verstappen keine Furcht einflößen wird. Um Gottes Willen, da ist er viel zu gut dazu”, so Danner weiter. “Aber man muss es ihm mal so zeigen, dass er es gemerkt hat. Und das ist zumindest etwas, das Lando bewerkstelligt hat.”

Für die Kollision von Norris und Verstappen in Spielberg sah übrigens nicht nur Christian Danner die Schuld nicht klar beim Niederländer. Auch Ex-Formel-1-Pilot Alexander Wurz, der heute Präsident der Fahrergewerkschaft GPDA ist, bewertete die Strafe gegen Verstappen als zu hart. Alle Details lest Ihr in diesem Interview mit Wurz: