Lewis Hamilton erlebte beim Formel-1-GP in China ein ambivalentes Wochenende. Einerseits stand er im Sprint erstmals in dieser Saison in der ersten Startreihe und erstmals in dieser Saison auf dem Podium, andererseits war die Pace in seinem Mercedes im Qualifying und im Rennen so schlecht wie noch selten in diesem Jahr.

Hamilton machte nach dem Qualifying-Aus in Q1 Setup-Experimente an seinem Boliden für die schlechte Leistung verantwortlich, die er auf seine eigene Kappe nahm. Gleichzeitig erwies der siebenfache Formel-1-Weltmeister sich auf eine Runde auch einen Bärendienst, da er in der Haarnadel-Kurve einen Verbremser hinlegte.

Christian Danner über Lewis Hamilton: Klassische Rennfahrer-Ausreden

Im ‘AvD Motorsport-Magazin’ kritisierte Christian Danner die Erklärungen des Mercedes-Piloten zu diesem Verbremser. Er findet, dass es sich bei der Argumentation, dass das Setup verantwortlich sei, um eine klassische “Rennfahrer-Ausrede” handle. “Sich in der Haarnadel-Kurve von Shanghai zu verbremsen, das ist ganz normal. Das ist mir auch schon passiert. Aber wenn es dann im Qualifying um die Wurst geht, dann ist es natürlich ein großes Problem und nichts anderes ist hier passiert”, erklärte Danner den Fehler von Hamilton.

Die Daten belegen, dass der Fahrfehler von Hamilton in Kurve 14 ausschlaggebend für sein frühes Qualifying-Aus war. Denn alleine an dieser Stelle verlor der sechsfache China-Sieger vier Zehntelsekunden. Sein Rückstand auf P15 betrug etwas mehr als eine Zehntel. Als Ursache für diesen Fehler machte Hamilton aber nicht nur sein allgemeines Setup aus, sondern vor allem auch den Rückenwind auf der längsten Gerade der Strecke.

Christian Danner: Fehler bleibt Fehler

Ebenfalls eine Aussage, die ihm Danner nicht ganz abkaufen will. “Heutzutage bekommt ein Fahrer alle Informationen zugesteckt. Da gehört auch der Wind dazu”, ist sich der ehemalige Formel-1-Fahrer sicher. Er geht davon aus, dass Hamilton von seinem Team vor dem Rückenwind auf der Geraden gewarnt wurde.

“Dass man sich verbremst, das hat auch ein bisschen mit Gefühl zu tun. Ich glaube, man muss nicht immer eine Ausrede finden, dass der Wind geschoben habe. Ja, mein Gott. Dann muss ich als Fahrer trotzdem schauen, dass ich um die Kurve herumkomme”, sagte Danner und betonte: “Dass Wind von vorne besser ist als von hinten, das sind Gesetze der Physik, die sich auf diesem Planeten nie verändert haben. Einem Fahrer seines Kalibers muss es möglich sein, damit umzugehen. Ein Fehler bleibt ein Fehler.”

Mercedes im Abtriebs-Irrgarten? Danner versteht Setup-Experimente

In einem Punkt kann Danner die Aussagen des 103-fachen Grand-Prix-Siegers allerdings nachvollziehen. Nämlich wenn es um die Setup-Arbeit in seiner derzeitigen Lage allgemein geht. Mercedes befindet sich in einer Ausgangslage, in der Setup-Experimente beinahe auf der Tagesordnung stehen. Denn in den Simulationen bietet der W15 tatsächlich mehr Abtrieb und das Team an der Strecke versucht nun mit dem Mut der Verzweiflung diesen Abtrieb auf der Strecke zu rekonstruieren.

Danner glaubt, dass Mercedes aus diesem Grund an zahlreichen Stellschrauben experimentiert und dadurch auch hie und da einmal in eine Sackgasse läuft. “Wenn das Auto nichts hergibt, dann baut man nach links, nach rechts, nach oben oder nach unten und schaut in welche Richtung es eigentlich besser geht”, kann er die teils aggressiven Versuche der Mannschaft aus Brackley nachvollziehen.

Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton
Lewis Hamilton beim Formel-1-Wochenende in China, Foto: LAT Images

“Dabei baut man natürlich auch radikal um. Man kann sich ja nicht mit Mikroschritten vorwärtsbewegen, dann ändert sich gar nichts”, so Danner. In China gingen dieser Radikalumbau allerdings nicht nur vom Team aus, sondern wurde auch durch eine Setup-Entscheidung, die Hamilton selbst traf, beeinflusst.

Er gab nach dem Rennen zu: “[Das Untersteuern, a.d.Red] lag am Setup, das ich ausgewählt hatte.” Dazu kamen noch die Soft-Reifen, die an seinem Mercedes nicht gut performten, sodass Hamilton in der Endabrechnung trotz eines auf dem Papier deutlich überlegenen Autos nur wenige Sekunden vor Nico Hülkenberg im Haas das Ziel erreichte.

Im ‘AvD Motorsport-Magazin analysierte Christian Danner die wichtigsten Punkte des gesamten Formel-1-Wochenendes in China. Ihr könnte auf unserem YouTube-Kanal sowie hier im Player die Sendung mit dem Motorsport-Experten anschauen.

Hülkenberg zu Top-Team? Danner: Mercedes sollte zuschlagen! (29:23 Min.)