Mit 39 Jahren und 6 Monaten errang Lewis Hamilton am Sonntag bei seinem Heimrennen in Großbritannien den 104. Karriereerfolg in der Königsklasse. Die Emotionen sprudelten beim Rekordweltmeister nur so über, da er nach zwei sieglosen Formel-1-Saisons selbst nicht mehr daran geglaubt hatte, dass er noch einmal ganz oben auf dem Podest stehen würde. Der Triumph brachte dem Briten außerdem eine weitere historische Top-10-Platzierung ein: Er gehört nun zu den zehn ältesten Siegern der Formel-1-Geschichte.

Kurioser Sieg: Luigi Fagioli gewinnt mit 53 Jahren ohne selbst im Auto zu sitzen

Angeführt wird die Ältestenliste von Luigi Fagioli, dem 1951 in Frankreich mit 53 Jahren sein erster und letzter Sieg in der Formel 1 gelang. Kurioserweise war der Italiener aber nicht einmal alleiniger Gewinner dieses Rennens, denn auf Anordnung des Alfa-Romeo-Teams überließ Fagioli den Wagen mitten im Rennen dem späteren Weltmeister Juan Manuel Fangio. Die beiden Rennfahrer teilten sich die Punkte. Luigi Fagioli, der schon im Vorjahr im Vergleich zu seinen Teamkollegen Giuseppe Farina und Juan Manuel Fangio schwächere Leistungen zeigte, quittierte auf die Entscheidung Alfa Romeos hin den Dienst bei den Italienern. Der Erfolg, dass er als ältester Formel-1-Fahrer jemals einen Sieg errang, bleibt.

Das Siegerauto mit Luigi Fagioli beim Großen Preis von Frankreich 1951
Das Siegerauto von Luigi Fagioli und Juan Manuel Fangio beim Großen Preis von Frankreich 1951, Foto: LAT Images

In den 1950er Jahren war das Durchschnittsalter der F1-Fahrer noch deutlich höher als heute. Das zeigt sich auch an der Liste der zehn ältesten Sieger. Da sowohl Lewis Hamilton als auch Fernando Alonso – die beiden Altmeister des aktuellen Fahrerfelds – noch weit von den 53 Jahren entfernt sind, bleibt Fagiolis Rekord wohl ungebrochen.

Das sind die 10 ältesten Formel-1-Sieger

Position Fahrer Alter Letzter Grand-Prix-Sieg
1. Luigi Fagioli 53 J. 0 M. 22 T. Frankreich GP 1951
2. Nino Farina 46 J. 9 M. 3 T. Deutschland GP 1953
3. Juan Manuel Fangio 46 J. 1 M. 11 T. Deutschland GP 1957
4. Piero Taruffi 45 J. 7 M. 6 T. Schweiz GP 1952
5. Jack Brabham 43 J. 11 M. 5 T. Südafrika GP 1970
6. Nigel Mansell 41 J. 3 M. 5 T. Australien GP 1994
7. Maurice Trintignant 40 J. 6 M. 18 T. Monaco GP 1958
8. Graham Hill 40 J. 3 M. 3 T. Monaco GP 1969
9. Clay Regazzoni 39 J. 10 M. 9 T. Großbritannien GP 1979
10. Lewis Hamilton 39 J. 6 M. 0 T. Großbritannien GP 2024

Formel-1-Zeitreise: Wer war der älteste Sieger aus jedem Jahrzehnt?

Wenngleich die moderne Formel 1 gewiss kein Altherrensport mehr ist, gab es auch in den nachfolgenden Generationen ein paar Ausreißer, die in gesetzterem Alter zum Formel-1-Sieg fuhren. Einen davon ließ Hamilton mit seinem Silverstone-Sieg in der Rangliste knapp hinter sich: Seinen jahrelangen Kollegen und Kontrahenten Kimi Räikkönen.

Kimi Räikkönen beim Großen Preis der USA 2018

“Es ist schön, all den Leuten zu beweisen, dass wir immer noch gewinnen können”, sagte Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen, nachdem er 2018 das Rennen in Austin gewonnen hatte, ohne zu wissen, dass dies sein letzter Sieg sein würde. Sein vorheriger Sieg lag zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre in der Vergangenheit und einige Kritiker hatten den Finnen schon abgeschrieben.

Beim US Grand Prix 2018 ließ Kimi Räikkönen den Weltmeister Lewis Hamilton hinter sich, Foto: Sutton
Beim US Grand Prix 2018 ließ Kimi Räikkönen den Weltmeister Lewis Hamilton hinter sich, Foto: Sutton

Aber am 21. Oktober 2018 legte der damals 39-Jährige schon am Start den Grundstein für seinen 21. und letzten Grand-Prix-Sieg. Als einziger Fahrer startete er auf der Ultrasoft-Reifenmischung und schnappte sich – ausgerechnet von Hamilton – gleich am Start die Führung. Von dort an pushte der Ferrari-Pilot, führte das Rennen souverän an und brachte den Sieg mit einem Boxenstopp weniger als Hamilton ins Ziel. Seinen Qualitäten als Reifenflüsterer sei Dank.

Michael Schumacher beim Großen Preis von China 2006

Schon zwölf Jahre länger liegt der letzte Sieg des Mannes zurück, mit dem sich Hamilton seinen Status als Rekordweltmeister teilt. Michael Schumacher gewann 2006 in Shanghai das letzte Mal ein Formel-1-Rennen – mitten im Weltmeisterschaftskampf gegen Fernando Alonso. Der Spanier hatte sich damals in der ersten Saisonhälfte einen beträchtlichen WM-Vorsprung erarbeitet, doch Schumacher holte in der zweiten Hälfte noch einmal richtig auf. Der Sieg weckte Hoffnungen, dass der Deutsche, der zu diesem Zeitpunkt bereits seinen Rücktritt erklärt hatte, doch noch als amtierender Weltmeister abtreten könnte. Dazu kam es am Ende bekanntermaßen nicht.

Und auch beim China Grand Prix 2006 sah es zunächst alles andere als nach dem 91. Schumacher-Sieg aus. Er startete im Regen nur von sechster Position hinter Alonso, Fisichella, Barrichello, Button und Räikkönen. Damals gab es noch mehrere Reifenhersteller in der Formel 1 und Schumacher war mit den Bridgestone-Pneus im Nachteil. Das hinderte den siebenmaligen Weltmeister allerdings nicht daran, nach dem Wechsel auf Trockenreifen eine regelrechte Aufholjagd zu starten. Dank eines taktischen Fehlers auf Seiten seines ärgsten Kontrahenten Alonso konnte Schumacher sogar in Führung gehen. Durch einen weiteren Regenschauer wurde das Rennen für Schumacher allerdings noch einmal zu einer richtigen Zitterpartie, die er am Ende zu seinen Gunsten entscheiden konnte.

Michael Schumacher feierte 2006 seinen letzten Sieg in der Formel 1, Foto: Sutton
Michael Schumacher feierte 2006 seinen letzten Sieg in der Formel 1, Foto: Sutton

37 Jahre und 9 Monate war Michael Schumacher damals jung, als er seinen letzten F1-Sieg holte, für den er, wie der Deutsche selbst sagte, ans äußerste Limit ging. 2006 galt er nach diesem Rennen als Titelfavorit. Doch der Titel blieb aus. Ebenso wie ein weiterer Sieg. Denn weder in seinen letzten beiden Rennen mit Ferrari noch während seiner Comeback-Jahre bei Mercedes konnte er noch einmal als Erster über die Ziellinie fahren.

Nigel Mansell beim Großen Preis von Australien 1994

Drehen wir die Zeit um weitere 12 Jahre zurück zum Australien Grand Prix 1994. Der damals 41 Jahre und 3 Monate alte Williams-Pilot Nigel Mansell sollte und wollte das Rennen in Adelaide überhaupt nicht gewinnen – obwohl er auf der Pole Position stand. Der Grund? Mansell fuhr nur die letzten drei Saisonrennen für Williams, weil er den in Imola tödlich verunglückten Ayrton Senna ersetzte. Mansells Teamkollege Damon Hill hingegen befand sich im WM-Kampf mit Michael Schumacher. Es stand 92:91 für den Deutschen. In Adelaide sollte sich alles entscheiden.

“Mir wurden allerlei Dinge von den Verantwortlichen gesagt: ‘Du wirst nicht Teil dieses Rennens sein. Mach keinen guten Start. Beobachte das Rennen, greife nicht ein…’ Also habe ich absichtlich keinen sehr guten Start erwischt und habe einfach da gesessen und zugesehen”, beschrieb Mansell damals seinen Auftrag für das finale Rennen der tragischen Saison 1994.

Gesagt – getan: Mansell hielt sich am Start zurück und überließ den WM-Aspiranten das Feld. Schumacher führte vor Hill. Doch der Brite schloss etwa zur Rennhälfte auf, weil dem Deutschen ein kleiner Fahrfehler unterlief. In Runde 36 nutzte Hill seine Chance und wollte Schumacher überholen. Beide kollidierten und schieden aus.

“Ich war einfach wütend. Ich wollte, dass Damon Weltmeister wird. Ich wollte auch, dass Williams die Meisterschaft gewinnt. Und ich brauchte ein paar Runden, um meine Gedanken zu sammeln”, erinnerte sich Mansell daran, wie er den Zwischenfall erlebte. Er war der lachende Dritte, übernahm die Führung und fuhr in seinem letzten Rennen mit Williams seinem 31. Grand-Prix-Sieg entgegen. In Adelaide stand der damals 41-Jährige das letzte Mal auf dem Formel-1-Podium. Hamilton ist mit seinem Silverstone-Sieg der älteste Grand-Prix-Gewinner der letzten 30 Jahre – seit Nigel Mansell.

Sieger Nigel Mansell mit Gerhard Berger und Martin Brundle auf dem Podium beim Großen Preis von Australien 1994 in Adelaide
Bei seinem letzten Sieg teilte sich Nigel Mansell das Podium mit Gerhard Berger (Ferrari) und Martin Brundle (McLaren), Foto: LAT Images

Carlos Reutemann beim Großen Preis von Belgien 1981

An einem ist der Mercedes-Fahrer am Sonntag in der Liste der ältesten Sieger knapp vorbeigezogen: Fünf Monate jünger als Hamilton war Carlos Reutemann bei seinem letzten Formel-1-Sieg in Belgien am 17. Mai 1981. Obwohl der Argentinier die Pole Position für den Grand Prix hatte, bezeichnete er den Sieg im Nachhinein als Glück. Denn in den ersten Runden des Rennens fiel der Williams-Fahrer bis auf die vierte Position zurück. Nur durch den Unfall von Nelson Piquet und Alan Jones vor ihm sowie einem technischen Problem am Ferrari von Didier Pironi konnte Reutemann dieses Rennen gewinnen und seinen Vorsprung in der WM zu diesem Zeitpunkt ausbauen.

Sein letzter Triumph war einer von insgesamt 12 Siegen, die Reutemann in der Königsklasse feierte. In der Saison 1981 wurde er schlussendlich Vizeweltmeister hinter Piquet. Im Jahr darauf beendete er nach den ersten beiden Rennen seine Formel-1-Karriere.

Graham Hill beim Großen Preis von Monaco 1969

Sein Grand-Prix-Debüt bei Brabham gab Reutemann erst mit 30 Jahren an der Seite des damals bereits 43-jährigen Graham Hill. Das zeigt, wie viel älter die Formel 1 in den früheren Generationen war und der zweifache Formel-1-Weltmeister darf in der Rangfolge der ältesten Sieger selbstverständlich nicht fehlen. Er erlebte seinen letzten großen Triumph in der Königsklasse beim Monaco Grand Prix 1969. Vierzehn Mal gewann er in der Formel 1 insgesamt – davon fünf Mal auf dem Straßenkurs durch Monte-Carlo, der die Paradestrecke des Briten war. So hätte es auch keinen besseren Ort als das Fürstentum für den letzten Grand-Prix-Sieg des damals 40 Jahre und 3 Monate alten Rennfahrers geben können.

Graham Hill ist zudem der einzige Rennfahrer, der sich mit dem Ehrentitel der Triple Crown kürte. Denn er gewann nicht nur beim Großen Preis von Monaco, sondern auch das prestigeträchtige 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1972 sowie das Indy 500 im Jahr 1966. Hamilton hat die Jagd auf die Triple Crown bisher noch nicht aufgenommen. Doch im Rennsport ist für den siebenfachen Weltmeister noch lange nicht Schluss. 2025 beginnt eine neue Ära seiner Karriere in Rot.