2024 jährt sich das schwärzeste Wochenende der Formel 1 zum 30. Mal. “Der Tod ist zurück auf der Rennstrecke”, hieß es danach bei der New York Times. Die Unfalltode von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna stellten eine Zäsur in der Königsklasse dar. Das Thema Sicherheit rückte in ein neues Licht. Wie die tragischen Ereignisse in Imola die Formel 1 bis heute veränderten.

Imola 1994 als Schlüsselmoment der modernen Formel 1

Seit Ayrton Senna am 1. Mai 1994 in der Tamburello-Kurve verunglückte, verlor mit der traurigen Ausnahme von Jules Bianchi 2014 kein einziger Pilot in der Formel 1 mehr sein Leben. Schwere Unfälle gibt es nach wie vor, Motorsport wird nie zu 100 Prozent sicher sein. Aber: Todesfälle stehen nicht mehr an der Tagesordnung. Zu verdanken haben wir das auch Ayrton Senna und Roland Ratzenberger.

Senna-Gedenkstätte in Imola, Foto: LAT Images
Senna-Gedenkstätte in Imola, Foto: LAT Images

Denn: Nachdem zuvor seit Elio de Angelis tödlichem Unfall 1986 in Paul Ricard acht Jahre lang nichts “Schlimmes” passierte, erwachte die Königsklasse 1994 aus ihrer vorgegaukelten Sicherheit aus Karbon-Chassis und verschärften Crashtests.

“Danach änderte sich alles”, meinte Damon Hill. Nachdem Karl Wendlinger in Monaco nur ein Rennen später schwer verletzt wurde und im Koma lag, forderten die Fahrer, sowie die Öffentlichkeit schnellstmöglich Veränderungen. Die Formel 1 war in der Krise.

Spuren an der Mauer der Tamburello-Kurve in Imola nach dem tödlichen Unfall von Ayrton Senna beim Formel-1-Rennen 1994.
So sah die Mauer in Imola nach Sennas Unfall aus, Foto: LAT Images – Ercole Colombo

Der damalige FIA-Präsident Max Mosley und Formel-1-Arzt Sid Watkins machten es sich schließlich zur Aufgabe, die Königsklasse nachhaltig sicherer zu machen. Bereits in Monaco wurde die träge gewordene GPDA neu gegründet und ein strengeres Geschwindigkeitslimit in der Boxengasse eingeführt.

Die ersten Sicherheitsverbesserungen am Auto gab es in Spanien: Die Frontflügel-Endplatten mussten gekürzt werden. Mit einem ebenfalls gestutzten Diffusor sollten der Abtrieb um etwa 15 Prozent vermindert und die Autos langsamer werden. Eine zusätzliche Schikane sollte die Strecke sicherer machen.

Von HANS bis Halo: So wurde die Formel 1 schrittweise sicherer

Neben zusätzlichen Löchern in der Airbox und Motorabdeckung ein Rennen später, einem besseren Cockpitschutz und stärkeren Querlenkern ist vor allem die Einführung der Bodenplatte an Formel-1-Boliden ab Hockenheim essentiell. Teams dürfen ihre Autos seitdem nicht mehr zu tief fahren, bei zu großer Abnutzung droht eine Disqualifikation – damals (Michael Schumacher 1994 in Belgien) wie heute (Lewis Hamilton 2023 in Austin).

Die so wichtige Planke, hervorgehoben am Red Bull von Sergio Perez in Monaco 2023
Die Unterbodenplatten sorgen seit 1994 für mehr Sicherheit, Foto: LAT Images

Dass die Formel 1 noch lange nicht sicher war, bewies Jos Verstappens Feuer-Unfall beim Tankstopp in Hockenheim. Glücklicherweise glimpflich ausgegangen gehen die Sicherheits-Verbesserungen weiter. Bessere Crashstrukturen, ein größeres Cockpit (1995 überragen die Seitenwände erstmals die Schultern der Fahrer) und ein Kopfpolster aus Schaumstoff folgten.

Eine Unfall-Datenbank wurde 1997 eingeführt, seitdem fährt jedes Auto mit einem Unfall-Datenschreiber. Denn: Viele Unfälle passierten abseits der TV-Kameras, für eine Prävention ist eine Aufarbeitung aber extrem wichtig. Was war der Auslöser, was passierte zwischen Kontrollverlust und Einschlag? Beispiel: Eine Folge von Zhou Guanyus Startunfall in Silverstone 2022 waren verschärfte Crashtests an den Überrollbügeln.

Seit 2003 ist das HANS-System (Head and Neck Support) Pflicht. Es schützt den Kopf eines Fahrers im Falle eines Unfalls vor übermäßigen Schleuderbewegungen. Mit Erfolg: Seitdem gingen Kopf- und Halsverletzungen im Motorsport deutlich zurück. Robert Kubica wäre ohne HANS 2007 in Kanada vermutlich tödlich verunglückt.

Unter großen Kontroversen wurde 2018 schließlich der Halo eingeführt. Einst umstrittener Cockpit-Schutz, bewies sich der Heiligenschein spätestens 2020 bei Romain Grosjeans Horror-Unfall als Schutzengel und ist 2024 in der Königsklasse nicht mehr wegzudenken.

Technik erklärt: Formel-1-Cockpitschutz Halo im Detail (23:34 Min.)

“Wenn Rolands Tod einen Sinn hatte, dann den, dass die Sicherheit besser wurde”, meint Rudolf Ratzenberger, Vater des am 30. April verunglückten Formel-1-Piloten. Auch 30 Jahre danach geht das Streben nach mehr Sicherheit in der Königsklasse weiter. Damit sich das Imola-Wochenende 1994 nie mehr wiederholt.