Groß war der Jubel im Ferrari-Lager nach dem emotionalen Sieg von Charles Leclerc bei seinem Heimrennen in Monaco vor sechs Wochen. Doch der Freudentaumel ist seitdem verfolgen. Während McLaren regelmäßig Red Bull herausfordert und Mercedes am vergangenen Wochenende in Österreich den ersten Formel-1-Sieg seit 2022 einfahren konnte, befindet sich Ferrari im Abwärtsstrudel.

Nur 39 Punkte sammelte die Scuderia an den letzten drei Rennwochenenden, höchstes der Gefühle blieb der abgestaubte letzte Podestplatz von Carlos Sainz in Spielberg. Zum Vergleich: McLaren konnte im selben Zeitraum 84 Zähler und konnte den Rückstand auf die Scuderia in der Konstrukteurs-WM auf 23 Punkte verkürzen.

Charles Leclerc (Ferrari) feiert seinen ersten Sieg in Monaco und in dieser Saison
Vor Sechs Wochen war Ferrari noch obenauf, Foto: LAT Images

Ferrari-Leiden durch verstärktes Bouncing

Und das trotz eines umfangreichen Update-Pakets in Barcelona, von dem sich Ferrari eigentlich einen Performance-Sprung erhofft hatte. Doch mit dem Update leidet die Rote Göttin wieder vermehrt unter Bouncing in Highspeed-Kurven, was zwar durch das Setup zu lösen wäre, so aber die Balance in anderen Kurven beeinträchtigen würde. “Das Bouncing ist im Moment das Hauptproblem”, gibt Carlos Sainz unverhohlen zu. Ein Problem, das an diesem Wochenende angesichts der zahlreichen Highspeed-Kurven in Silverstone noch einmal verstärkt zum Vorschein kommen könnte.

Sind die Ferrari-Neuerungen also gescheitert? Nein, insistiert Charles Leclerc: “Wie ich schon mehrfach gesagt habe: Die Zahlen, die wir vom Upgrade erwartet haben, sind da. Das Upgrade funktioniert also wie es sollte.” Leclerc zufolge steckt der Teufel stattdessen im Detail. Heißt konkret, Ferrari habe bislang lediglich versäumt, den SF-24 mit den Updates ins richtige Arbeitsfenster zu bekommen. “Wir haben bislang damit gestrauchelt, den richtigen Ort des neuen Pakets zu finden, wo das Optimum für uns ist, um das Potenzial des Autos zu maximieren”, erklärt Leclerc.

Ferrari mit Setup-Experimenten: Haben Ideen, in welche Richtung wir pushen wollen

Zumindest im Hinblick auf die Schwere des Problems gibt Leclerc Entwarnung. Dem Monegassen zufolge seien die Herausforderungen Ferraris nicht tiefgreifenderer Natur, sondern kurzfristig zu lösen. “Wir haben schon einige Ideen, in welche Richtung wir pushen wollen, da wir einige große Unterschiede zwischen den Autos im letzten Rennen gesehen haben”, so Leclerc.

In Österreich setzte Ferrari auf zwei signifikant unterschiedliche Setups. Von den Lehren daraus erhofft sich Leclerc bereits an diesem Wochenende Fortschritte, wenngleich erneut geplante Test-Runs mit den beiden Autos am Trainings-Freitag wortwörtlich ins Wasser fallen könnten, sollte es wie erwartet regnen.

Leclerc gibt Entwarnung: Zwei, drei Zehntel stecken im Auto

Sollten die erhofften Optimierungen in Kürze eintreten, ist Leclerc zumindest zuversichtlich, dass Ferrari schnell wieder in die Spur zurückfinden kann. Sogar den Kampf um Rennsiege hält der 26-Jährige dann wieder für möglich. “Denn wir sprechen nur von zwei bis drei Zehntelsekunden, die heutzutage einen riesigen Unterschied machen”, rechnet Leclerc vor. “Und wenn du das in den Kontext setzt, besonders mit den Problemen, denen wir im Moment begegnen, bin ich zuversichtlich, dass, wenn wir diese Probleme nicht mehr haben und unser Paket optimieren, diese zwei, drei Zehntel im Auto stecken.”

Ferrari-Fahrer Charles Leclerc in der Auslaufzone
Ferrari befand sich die letzten Wochenenden auf Abwegen, Foto: LAT Images

“Wir müssen diese Zehntel nur finden und das Auto konstant ins richtige Fenster bringen”, so Leclerc weiter. “In den letzten zwei Rennen haben wir Probleme damit gehabt, das zu erreichen.”

Ganz so optimistisch wie sein Teamkollege ist Sainz unterdessen nicht. Anders als Leclerc hat der Spanier noch Zweifel an nachhaltigen Fortschritten durch das Ferrari-Update: “Sicherlich hat das neue Paket noch Optimierungspotenzial. Aber kurzfristig wollen wir verstehen, ob wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht haben, oder nicht. Weil das wird auch zukünftigen Entwicklungen helfen.”

Sainz: Performance-Loch Anlass zur Sorge

“Wir akzeptieren und erkennen, dass wir seit Barcelona weniger konkurrenzfähig waren als vor Barcelona”, so Sainz weiter. “Und das gibt natürlich ein bisschen Anlass zur Sorge in Bezug auf das Paket. Wir müssen sicherlich versuchen, so viel wie möglich zu verstehen, alles, was damit einhergeht. Wir wollen diese Aufgabe für die Zukunft angehen, aber zur gleichen Zeit bleiben die anderen nicht stehen und verbessern sich exponentiell. Wir müssen also versuchen, damit Schritt zu halten.”

Ferrari-Teamkollegen Carlos Sainz Jr. und Charles Leclerc im Paddock
Was ist für die beiden Ferrari-Piloten in Silverstone drin?, Foto: LAT Images

Insgesamt gibt Sainz zu bedenken, dass die Handhabung der komplexen Ground-Effect-Autos insgesamt komplizierter sei als in der Vergangenheit. Das gelte sowohl für die Fahrer auf der Strecke als auch für die Ingenieure bei der Entwicklung. “Es ist nicht so eindeutig, dass fünf, zehn Punkte Downforce das Auto schneller machen, weil es manchmal Probleme woanders kreiert”, beschreibt Sainz. “Es ist eine sehr herausfordernde Regelperiode. Jeder in diesem Grid hat an dem ein oder anderen Punkt schon einmal mit diesen Upgrades Probleme gehabt.”

Trotz der grundsätzlichen Performance-Probleme konnte Ferrari in Person von Carlos Sainz in Österreich zumindest noch aufs Podium fahren. Grundlage dafür war die kontroverse Kollision von Lando Norris und Max Verstappen im Kampf um den Sieg, die auch am Donnerstag in Silverstone Thema war. Norris äußerte sich dabei deutlich zurückhaltender als noch kurz nach der Kollision. Alle Details lest Ihr in diesem Artikel: