Die FIA hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Formel 1 zu einem besseren Ort zu machen. Ein Ort, an dem nicht nur Technische und Sportliche Regeln eingehalten werden: In der Formel 1 soll auch nicht geflucht werden! Max Verstappen wurde für einen Kraftausdruck in der Pressekonferenz deshalb von den Stewards vorgeladen und mit gemeinnütziger Arbeit bestraft.

Geht’s noch? Wie weit von der Realität kann man sich eigentlich entfernen? Verstappen hat in der Pressekonferenz niemanden beleidigt – außer vielleicht sein Auto. Der Wortlaut war: “I knew the car was fucked.”

Wenn unsere Gesellschaft eine Sache dringend nötig hat, dann ist es Respekt. Es macht mich ehrlich traurig, wenn ich sehe, wie respektlos miteinander, mit Eigentum oder auch mit Ressourcen umgegangen wird. Respekt ist ein großes Problem, keine Frage.

Jetzt mag man sagen, dass der Respekt bei der Sprache beginnt. Aber doch bitte nicht, wenn jemand über sein Auto schimpft. In jeder Werkstatt geht es doch so zu. Hätte Verstappen einen Kollegen, einen Offiziellen oder irgendjemanden in der Pressekonferenz aufs Übelste beleidigt, dann reden wir hier von einer anderen Sache. Er hat aber schlicht sein Auto in nicht Pulitzer-Preis-verdächtiger Sprache beschrieben.

Nun wird es nicht lange dauern, bis ein Fahrer im Auto einen Kollegen beleidigt. Dann muss es aber Strafen geben, oder? Wer hat denn bitte noch keinen anderen Verkehrsteilnehmer verflucht, der gerade einen richtigen Schwachsinn zusammengefahren ist? Nur haben wir eben in diesem Moment kein Mikrofon vor dem Mund, das unsere Schimpftirade in die weite Welt trägt. Wer hat noch nicht beim Sport so richtig geflucht, weil er sich über sich selbst oder über einen anderen aufgeregt hat?

Nun kombiniere man den Ärger beim Sport mit dem Ärger im Auto und füge noch ein paar hundert Stundenkilometer hinzu. Ist es nicht die menschlichste aller Reaktionen, seinem Unmut in dieser Situation Luft zu machen? Das sind Emotionen, genau die faszinieren die Fans – negative genauso wie positive Emotionen. Wie immer im Leben macht die Dosis das Gift, alles kann zu weit gehen, auch Worte können verletzten.

Strafpunktesystem für Beleidigungen?

Aber man kann es mit der Empörung darüber auch übertreiben. Und genau das macht die FIA gerade maßlos. Sie macht eine Baustelle auf, die es schlichtweg nicht braucht. Mohammed Ben Sulayem, unser Präsident, hat hehre Ziele – aber er schießt übers Ziel hinaus. Dem mag man entgegenhalten, die Strafe sei doch ohnehin human. Ja, die Strafe ist nicht das Problem, Verstappen verliert keine WM-Punkte oder dergleichen. Ab welcher Beleidigung gibt es denn dann Strafversetzungen? Gibt es Strafpunkte für häufige Beleidigungen? Gibt es Stewards-Guidelines für Beleidigungen in allen Sprachen? Es ist absurd.

Das Schlusswort zu diesem Thema überlasse ich Sebastian Vettel mit seinem legendären Funkspruch beim Brasilien GP nach einer teaminternen Kollision mit Charles Leclerc. “Mein Gott, muss das sein [FIA, Meinung des Redakteurs]? So ein Bockmist aber auch!” War das noch in Ordnung oder geht das schon zu weit?